Knallbuntes Schweinfurt und ein desorientierter tierischer Held

"Ich kann es nicht ausstehen, wenn man eine Szene aus dem Kamin filmt, als wäre man der Weihnachtsmann. Oder durch einen Tennisschläger ..."

Billy Wilder, 1986


Woche 4/2009 (22.1. - 28.1.)

Die Neustarts:




Eine Art Remake von WILD AT HEART. Aus Deutschland. Spielt in den Fünfzigern, in Schweinfurt. Von Oskar Roehler. Knallbunt und melodramatisch. Da rechnete ich mit dem Schlimmsten. Auch noch, als ich Peter Körtes positive Besprechung in der FAS las: "... das ist es, was Roehler inzwischen bestens beherrscht: Ohne Psychologie von extremen Gefühlen zu erzählen, eine Art kontrollierter Raserei, gebändigt durch einen immer stärker ausgeprägten Willen zur Form." Aber was für eine Form, dachte ich. Bestimmt furchtbar. Doch seht nur:

Sieht nach einem hochartifiziellen und intelligenten Riesenquatsch aus, der einen die grauenhaften ELEMENTARTEILCHEN schnell vergessen lässt. "Juchhu, Kontrollverlust", schreibt Cristina Nord in der taz.
Juliette Lewis ist übrigens nicht die echte Juliette Lewis, sondern kommt aus Frankreich und heißt Jennifer Decker.
LULU UND JIMI läuft im Abaton, im UCI Othmarschen und im UCI Wandsbek. Und hier andernorts.




Dies scheint der erste computeranimierte Disneyfilm zu sein, der mit Pixarproduktionen mithalten kann. Die Geschichte ist ein Mix aus TRUMAN SHOW und UNGLAUBLICHER REISE: Der tierische Hauptdarsteller einer Fernsehserie glaubt an seine vermeintlichen Superkräfte und verlässt das traute Studio, um eine reale Heldentat zu begehen. Konfrontiert mit der harschen Wirklichkeit, muss sich der Wauwau dann mit Hilfe von Katz und Hamster quer durch den Kontinent nach Hause durchschlagen.
Soll gut geschrieben sein, ansprechende Charaktere haben, hervorragend designt und animiert sein, kurz: Sieht mal wieder nach einem richtig gelungenen Trickfilm aus, der für alle Altersgruppen funktioniert. Wenn ihr euch in sowas nicht ohne minderjährige Begleitung reintraut, leiht euch halt irgendwo ein Kind aus. BOLT läuft bei uns in sämtlichen Multiplexen und hier andernorts.

Der Film ist ein Vorbote der großen digitalen 3D-Welle, die dieses Jahr noch in die Kinos schwappt, wird allerdings, im Gegensatz zum im Dezember angelaufenen FLY ME TO THE MOON, auch in einer zweidimensionalen Fassung gezeigt. Wer, wie wir in der Kinoprovinz, keinen entsprechend ausgestatteten Saal in der Nähe hat, verpasst wohl nicht wirklich viel: Die Effekte verpuffen angeblich schnell, es scheint wieder nicht gelungen zu sein, die Technik wirklich gewinnbringend einzusetzen.




Schon wieder ein Film von Clint Eastwood. Und Anfang März kommt noch einer. Und das, obwohl er nächstes Jahr achtzig wird. Nicht zu fassen.
DER FREMDE SOHN mit Angelina Jolie und John Malkovich erzählt eine schauerliche Geschichte aus dem Los Angeles der dreißiger Jahre: Ein Kind wird entführt, ein anderes, Jahre später, der Mutter von den Behörden als das entführte angedreht, die daraufhin Alarm schlägt. Das hat dann unschöne Folgen für sie.
Ist wohl nicht so reizvoll wie anderere Eastwoodfilme der jüngsten Zeit, da frei von jeder moralischen Ambivalenz, aber doch so dicht und beeindruckend inszeniert, dass man, trotz des überraschungsarmen Abspulens der Handlung, vielleicht nicht das Interesse verliert.
Jedenfalls nicht in den ersten 20 Minuten, da ist sich das Abaton ganz sicher. Allerdings folgen dann noch lange 123 weitere Minuten. Vielleicht sollte man das Angebot annehmen und nach 20 Minuten den Saal verlassen. Einen Eindruck hat man, besser wird's nicht und die Frage nach dem Ausgang der Geschichte wird hinreichend vom Trailer beantwortet, der es schafft, die ganze Handlung in zwei Minuten zu erzählen.
Christina Tilmann schließt ihre Kritik im Tagesspiegel mit zwei schönen Sätzen, die man auf all diese Verfilmungen dramatischer "wahrer Geschichten" anwenden könnte: "Ein wenig mehr Fiktion hätte durchaus gut getan. Im Interesse der Wahrhaftigkeit."
Angeblich soll das digital rekonstruierte Los Angeles von damals sehr beeindruckend aussehen, ich bin da eher skeptisch, waren doch die digitalen Totalen von der amerikanischen Flotte vor Iwo Jima neulich geradezu erbärmlich. Jedenfalls auf der großen Leinwand.
Und abschreckend wirkt auf mich die von Eastwood höchstselbst komponierte Filmmusik, die wie immer arg dräuend, unheilsschwanger und bombastisch daherkommt und vermutlich wieder schamlos konventionell eingesetzt wird.
DER FREMDE SOHN läuft im Abaton OmU, außerdem im Zeise, Koralle, Cinemaxx, UCI Mundsburg und im Streits OF. Und hier andernorts.



Außerdem neu:



Ein wenig albern war all die Aufregung um die Drehorte und die Frage, ob das denn in Ordnung sei, dass so ein Scientologe den verhinderten Attentäter spielt. Langweilig sind die vorhersehbaren deutschen Totalverrisse und peinlich die vereinzelten Versuche, den Film ernst zu nehmen als Würdigung einer deutschen Heldengeschichte. Und gänzlich überflüssig ist die hier und da betriebene Erbsenzählerei, bei der festgestellt wird, dass das ja gar nicht alles historisch ganz korrekt sei.
Das ist ein Thriller "nach einer wahren Geschichte" mit Tom Cruise, Herrgott; die einzige Frage ist also, ob es dem Genrefilm gelingt, seinen Stoff packend zu erzählen.
Und da schaut man besser auf die Kritiken in den USA, die immerhin das Tomatometer auf 57% getrieben haben. Ein durchaus beachtliches Ergebnis, hatten sich nach der Sofahopserei und dem irren Scientology-Video doch alle auf Häme eingestellt. Gelobt wird die handwerklich solide Ausführung, bemängelt wird vor allem die Wichtigtuerei und zuviel Gequassel in geschlossenen Räumen; die Geschichte sei schlicht langweilig, zumal der Ausgang ja nun mal feststehe.
Wer, wie ich, es sowieso nicht sonderlich mag, wenn solche historischen Ereignisse zurechtdramatisiert werden, macht um den Film einen Bogen, völlig gleich, wer da nun den glücklosen einarmigen wie einäugigen Helden spielt und ob das nun ein wenig mehr oder weniger gelungen ist.

Der Riesenflop, der von hier aus prophezeit wurde, ist es jedenfalls nicht geworden; allein in den USA hat der Film bis jetzt schon 71 der 95 Millionen Dollar Produktionskosten wieder eingespielt. Nazis gehen eben immer, in immer neuen Varianten, auch mit einem Schweizer Charakterdarsteller als grüblerischem Diktator oder jetzt als mediokre Hollywood-Saga vom gescheiterten Anschlag auf eben diesen. Da kann man sich hier im ewigen Naziland über die Aufmerksamkeit freuen; ist das doch nach dem angekündigten Niedergang der Autoindustrie vielleicht bald das einzige, was die Welt mit uns assoziiert. Ein tolles Alleinstellungsmerkmal; das macht uns niemals einer nach. Eine potentielle und bald vielleicht dringend benötigte Goldgrube. Wieso also nicht mit den Pfunden wuchern und aus Deutschland einen Nazithemenpark machen, mit kleinen Adolfsouvenirständen an jeder Ecke? "Come to Hitler Country!"
OPERATION WALKÜRE läuft bei uns in sämtlichen Multiplexen und im Streits OF. (Kinos andernorts)




Und: Ein palästinensischer Selbstmordattentäter muss auf ein Ersatzteil für seine Bombe warten und versteckt sich derweil in einem Stadtviertel von Tel Aviv, wo er gute Taten vollbringt und sich in eine Jüdin verliebt. Als wenn das nicht schon schlimm genug klänge, soll das Ganze auch noch wenig überzeugend gespielt, teilweise "holzschnittartig" wie ein "Thesenstück" daherkommen und "streckenweise papieren" wirken, so Katharina Zeckau im filmdienst. War in Israel wohl auch nicht gerade ein großer Erfolg; weil deutsches Geld drinsteckt, kommt er aber auch hierzulande ins Kino. ALLES FÜR MEINEN VATER bei uns im 3001. Und hier andernorts.




Und: Eine gänzlich überraschungsfreie Geschichte um Ehre und Familie und Loyalität unter Polizisten in New York, die auch von den beachtlichen Darstellern wie Edward Norton, Colin Farrell und Jon Voight nicht gerettet wird. Tom Charity schreibt bei cnn.com, dass wer Sydney-Lumet-Filme wie SERPICO aus den Siebzigern kenne, wirklich alles vorraussehen könne. Fast jede Szene, jede Dialogzeile sei klischeebeladen und abschließend meint er: "The old school was better than this. And, back then, it wasn't old either."
DAS GESETZ DER EHRE läuft bei uns im UCI Othmarschen und im UCI Wandsbek und hier andernorts. Ich rate dazu, lieber zuhause zu bleiben und James Grays HELDEN DER NACHT anzuschauen, der vor einem Jahr ins Kino kam und auf DVD erhältlich ist: gleiches Thema, auch kein bisschen originell, trotzdem sehenswert.




Und: ein deutscher Kinderfilm mit Moral und Beethoven. Eine von diesem komponierte Zaubermelodie versetzt alle, die sie hören, in den Schlaf. Ein 10-jähriger Stubenhocker, der klassische Musik mag, aber natürlich trotzdem Heldentaten vollbringt, wird wegen der geheimnivollen Komposition von dem üblichen trotteligen Gaunerpaar verfolgt. Das MORPHUS GEHEIMNIS scheint auch ansonsten mit Mengen von Klischees aufzuwarten und sieht im Trailer entsetzlich hölzern aus. Eine Zumutung. Schlaf verursacht hat übrigens vor fünfzig Jahren bereits das Flötenspiel in "Die Schlümpfe und die Zauberflöte". Und natürlich hatten auch da schon Bösewichter Interesse an dem Instrument. Erspart eurem Nachwuchs den betulichen Beethovenquark im Cinemaxx und im UCI Othmarschen oder anderswo und schlumpft ihm lieber den Comic.




Und: Wieder mal eine türkische Komödie, über die einfach nichts rauszufinden ist. Der Trailer sieht sehr billig, aber weniger nach Klamotte aus als sonst; die Inhaltsbeschreibung der Horrorfilmparodie klingt eigentlich ganz lustig: "Ein grausamer Serienkiller aus Thrace kann den Buchstaben H nicht aussprechen - deshalb foltert und tötet er nur Männer, deren Namen mit H beginnen." Ich verspüre manchmal auch Aggressionen gegen alle, die das R rollen können. Mich tröstet aber immerhin, dass jemand mit dem gleichen Defizit sogar die rrrrussische Rrrrevolution anführen konnte. DESTERE läuft im UCI Wandsbek. (Und andernorts)



Wöchentliche Provinzialitätsmessung:

Anderswo startet diese Woche außerdem eine Dokumentation mit Tilda Swinton über Derek Jarman, die einfach DEREK heißt, sowie eine weitere Doku über einen Drahtseilakt zwischen den Zwillingstürmen des World Trade Centers, MAN ON WIRE. Ups, der läuft bei uns doch, im Abaton und scheint eine ganz und gar überflüssige sensationsheischende Angelegenheit mit peinlich nachgestellten Szenen zu sein. Finden in den USA aber alle ganz ganz toll. Bei uns laufen also satte 90% aller neuen Filme an. In Berlin sind sie, wie immer, alle zu sehen.



Weiterhin:



JERICHOW im Holi und im Blankeneser. Und hier andernorts.

SO FINSTER DIE NACHT nur noch nachmittags im 3001. Letzte Chance. Und hier überall.

DIE KLASSE im Passage, Zeise und im Abaton. Und andernorts.

O´HORTEN nur noch am Wochenende in Mittagsvorstellungen im Abaton und im Zeise. Und hier.

ALTER UND SCHÖNHEIT im Elbe, Passage und im Abaton. Und hier.

VICKY CRISTINA BARCELONA im Abaton OmU, außerdem im Elbe, Zeise, Holi und nachmittags im UCI Mundsburg. Und hier ansonsten.

WALTZ WITH BASHIR im Alabama und in Sonntagsmatineen im Zeise und Abaton. Und hier auch noch.



Außer der Reihe:



Im Metropolis: Weiter geht's mit Lynch, Lubitsch und "Zweiter Heimat". Außerdem FREAKS, ein auch heute noch recht verstörendes Werk, vorher das Radiofeature dazu von Peter W. Jansen.
Auch im Metropolis am Samstag: Das 3. Elbblick-Festival, ab 15:00 Uhr bis in die Nacht schräge Hamburgensien wie Klaus Lemkes ROCKER (Darsteller sind als Gäste eingeladen) oder die ROLLO-ALLER-Tetralogie.



Ernst Kahl auf meine Frage nach seinem Lieblingsfilm:

"MANCHE MÖGEN'S HEISS. Den habe ich so ungefähr 1973 in Dänemark gesehen, im Biograph in Ribe. Da laufen die Filme zum Glück ja nicht synchronisiert. Ich habe nie wieder so gelacht. Unvergesslich."

Es ist ja auch der komischste Film aller Zeiten. Oder hat jemand Einwände?
Jack Lemmon und Tony Curtis im Fummel und dazwischen Marilyn Monroe. Spritziger hat Billy Wilder nie wieder inszeniert, ein absoluter Glücksfall das Ganze. Und dabei hätte es auch leicht schief gehen können. Pauline Kael schrieb, der Film schwebe "über dem Abgrund desaströser Zweideutigkeit" Aber trotz aller allzu anzüglichen Witze stürzt er nie ab und bleibt amüsant über die vollen 121 Minuten, eine kleine Ewigkeit für eine Komödie.

Dieselbe Vorlage wurde übrigens vorher bereits zweimal verfilmt, allerdings ohne Gangster: 1935 in Frankreich und 1951 bei uns. Wäre interessant, diese Versionen auch mal sehen zu können. Leider sind beide nirgendwo auf DVD verfügbar.


Billy Wilder ist tot. Marilyn Monroe und Jack Lemmon sind tot. Und auch von all den Anderen, die an der Produktion beteiligt waren, ist kaum mehr einer am Leben. Außer Tony Curtis. Letztes Jahr hat John Patterson den Dreiundachtzigjährigen für den Guardian in seinem Haus in einem Vorort von Las Vegas besucht. Curtis auf die Frage, wie das denn gewesen sei als bestaussehender Mann Hollywoods 1952: "Well, there was a lot of pussy - always a lot. I don't mean to be disrespectful, but that was my aim in life - the girls. And I took a personal pleasure in it, obviously, because it had nothing to do with me, I was just a nice-looking guy. Listen, that was one of the best gifts I had. What am I gonna do, put it down? Say it's nothing? I knew I was handsome and I played the part." Übersetzen konnte ich das leider nicht; ich bin am ersten Satz gescheitert ("Nun, es gab immer viele ..."?). Am schönsten an Pattersons Portrait ist, dass er so wenig von dem wiedergibt, was Curtis so alles erzählt. Er erklärt das ganz nebenbei so: "Zwischen seinen Spielchen fand er auch Zeit für einige verdammt gute Filme, auch wenn einige seiner Anekdoten über die Gipfel seiner Karriere – DEIN SCHICKSAL IN MEINER HAND, MANCHE MÖGEN'S HEISS, DER FRAUENMÖRDER VON BOSTON – ein wenig zu poliert und abgenutzt daherkommen, um sie hier wiederzugeben." Man muss es mit dem Respekt ja auch nicht übertreiben. Wer die Anekdoten trotzdem hören will, bitte schön.


Ernst Kahl ist komischer Zeichner und Maler, zweifellos einer der besten weit und breit. Bei ihm paart sich anarchischer Witz mit handwerklicher Akkuratesse und gebiert schön anzuschauende Abwegigkeiten am laufenden – äh, nein, an der laufenden Staffelei. Er hat schon in Pardon veröffentlicht, hält immer noch der Titanic die Treue, für die er Monat für Monat eine Seite gestaltet (ein prächtiger Sammelband der hier veröffentlichten "lustigen Sammelbilder" ist bei Kein & Aber erschienen), hat viele Jahre für die unterhaltsamsten Seiten in Gremlizas Konkret gesorgt ("Ernst Kahls Kongretchen" sowie "Kahl macht Ernst"), malt seit unfassbaren 17 Jahren monatlich auch eine Seite für den Feinschmecker (der damalige Chefredakteur hatte mit Manfred Bissinger gewettet, dass Kahl das länger als ein halbes Jahr aushalte und sowas von gewonnen) und fertigt animalische Schweinereien in Wort und Bild an, die kein Magazin druckt, weshalb er sie immer wieder selber in Buchform veröffentlichen muss.

"Peter und Uwe", von 1988, aus dem Bestiarium Perversum

Außerdem ist er Singer-Songwriter, der zusammen mit Hardy Kaiser drei Alben aufgenommen hat, die leider mittlerweile allesamt vergriffen sind. Aber als Download sind die letzten beiden jetzt verfügbar.
Drehbücher hat er auch geschrieben, etwa mit Detlev Buck WIR KÖNNEN AUCH ANDERS, immerhin der komischste deutsche Film aller Zeiten (Da will ja wohl auch keiner widersprechen.) Andere Projekte waren weniger erfolgreich; heute schimpft er auch gern auf die "Filmfritzen", mit denen er sich viel rumgeärgert hat. Zum Beispiel, als er die Vampirfilmparodie INNOCENT BLOOD von John Landis ins Deutsche übertragen sollte und schnell nicht mehr wollte, weil der Verleih den unmöglichen Titel "Bloody Marie – Eine Frau mit Biss" durchsetzte und ihm weder den Begriff "Arschfotze" als Übersetzung von "motherfucker" noch sonstige adäquate Schimpfwörter durchgehen ließ. Der Film sei übrigens eine sträflich unterschätzte und ganz wunderbare Horrorkomödie, so Kahl, der gar in Erwägung zog, vielleicht doch lieber diesen Titel als Lieblingsfilm zu nennen. Er ist problemlos auf dem deutschen Markt als DVD zu bekommen.

Das Bild hier habe ich von ihm vor 15 Jahren gemacht. Er fand's furchtbar. Gummiflamingo und Eimer sind nicht etwa Requisiten, sondern gehörten zur Atelieraustattung.

Im Forsthaus Hessenstein bei Lütjenburg im schönen Ostholstein lässt sich übrigens der Besuch einer Art Daueraustellung Kahlscher Werke mit einem vorzüglichen Mahl verbinden. Vielleicht das schönste Ausflugsziel in Norddeutschland. Bestimmt sogar.



Und ein Film, den wir glücklicherweise nicht gesehen haben:

Die imdb-Kommentare hören sich wieder ganz wunderbar an, aber da kommen die mittelmäßigen und miesen Filme großer Regisseure immer viel zu gut weg. Eine Art Operette mit Bing Crosby, der dem österreichischen Kaiser Franz Joseph ein Grammophon verkauft und sich in eine Gräfin verliebt. Das kann nun wirklich nicht gut sein.



Dies und das:



14 weitere 3D-Filme stehen dieses Jahr ins Haus. Doch bislang sind nur eine kläglich kleine Menge Kinos in Deutschland dafür gerüstet. Im Dezember hat die UCI/Odeon-Gruppe angekündigt, "in den nächsten Monaten" 111 ihrer 200 Kinos in Europa auf Digitalprojektion umzustellen und die Zahl der 3D-fähigen Säle gleichzeitig zu "verdreifachen". Auf Nachfrage konnte Anna Zafiris, Sprecherin der UCI Kinowelt, keine genaueren Angaben über Standorte und den Zeitpunkt der Umrüstung machen, sagte aber, dass "die großen 3D-Blockbuster dieses Jahres in den Hamburger UCIs stattfinden". Der erste wäre BOLT gewesen. MONSTERS VS. ALIENS startet am 2. April ...
Ein zweites Mal hofft Hollywood, mit dreidimensionaler Wiedergabe ein Spektakel bieten zu können, mit dem das heimische und vor allem das illegale Gucken nicht mithalten kann. Aber zuhause wird auch weiter aufgerüstet. Eigentlich spricht also alles dagegen, dass das eine erfolgreiche Strategie sein könnte: Die Erfahrung, der bislang wenig überzeugende Einsatz der Technik in den neuen Produktionen und der schwindende Vorsprung vor dem Heimkino. Warten wir's ab.

Es wird offenbar noch mühselig verhandelt, wie die Kosten für die Digitalisierung verteilt werden: "Eine wichtige Rolle spielt hier die Virtual Print Fee, die die Kosten des Roll-Outs zwischen Verleihern und Kinobetreibern verteilen soll. Die Verleiher stellen einen Teil des durch den digitalen Vertrieb eingesparten Geldes einem Investor zur Verfügung, der das Kino umrüstet und die digitalen Standards einrichtet."
Jedenfalls geht's jetzt also richtig los. Wenn man sich ausmalt, wie am Ende, wenn die großen Multiplex-Ketten alle ihre Deals abgeschlossen haben, es für die kleinen Kinobetreiber ausssieht, die nach wie vor teure 35mm-Kopien benötigen, kann einem gehörig schlecht werden.



Umsonst und zuhause:


Am Donnerstag:

Ein Meisterwerk von Bertrand Tavernier, das ein Drama vom Ende des 19. Jahrhunderts erzählt. Michel Galabru, sonst nur ein Hintergrundkaspar, etwa in den Gendarm-von-St. Tropez-Filmen, spielt die Rolle seines Lebens als irrer Serienmörder. Tavernier interessiert sich mehr für den Sumpf aus Antisemitismus, Katholizismus und allgemeinem Elend der französischen Gesellschaft, als für den Kriminalfall. Toll auch die Kamera von Pierre William-Glenn. Und Phillipe Noiret und Isabelle Huppert sind auch dabei. Von 1976. DER RICHTER UND DER MÖRDER, im Ersten um 01:05 Uhr, ShowView 6.497.588



Am Samstag:

Noch mehr Ghibli: Diesmal ein weniger bekannter Film von Isao Takahato, dem Regisseur der LETZTEN GLÜHWÜRMCHEN. Eine Sippe recht seltsamer und wandlungfähiger Waschbären nimmt den Kampf gegen Rodungs- und Bauarbeiten in ihrem Wald auf. Sehr eigen und, auch wenn die Handlungsbeschreibung danach klingt, eher nicht für die ganz Kleinen. In den USA war die Vermarktung dadurch erschwert, dass bei den Tieren häufig die Hoden erkennbar sind; das wurde da ernsthaft kontrovers diskutiert. Hier hat jemand Szene für Szene Sacksichtungen dokumentiert. Bei uns kam der Film von 1994 nie in die Kinos. POM POKO auf Super RTL um 20:15 Uhr, ShowView 2.856.231



Am Samstag:

Dröger Titel, vermutlich aber ein recht kurzweiliges Vergnügen, die brasilianische Geschichte von einem neunzehnjährigen Dummkopf, der im Copyshop arbeitet und Comics zeichnet, die hübscherweise immer mal wieder im Film animiert werden. Um ein Mädel zu beeindrucken, entscheidet er sich, seine Einnahmen durch das Kopieren von Geldnoten zu verbessern und geht bald darauf zu weiteren Straftaten über. DER MANN, DER KOPIERTE, im WDR um 00:45 Uhr, ShowView 1.963.106



Am Sonntag:

Der Film, in dem Marianne Faithful als verhärmte Vorstadtwitwe Karriere als Spezialistin für Handjobs macht, die sie an Schwänzen ausführt, die von Kunden durch ein Loch in der Wand gesteckt werden. Ihre Motivation: Sie will Geld auftreiben, um die Therapie für den schwerkranken Enkel zahlen zu können. Gleichzeitig darf sie dann auch noch eine zarte Liebesgeschichte mit dem Clubbesitzer erleben, der natürlich eigentlich ein guter Kerl ist. Seltsame und recht kühl kalkuliert wirkende Kombination aus herzerwärmender Geschichte und milder Provokation. Ich habe mich schon vor zwei Jahren, als der Film ins Kino kam, gefragt, ob es in Großbritannien wirklich Etablissements mit solchen Angeboten gibt. Auf jeden Fall scheint die anonyme Befriedigung durch ein "Glory Hole" in der schwulen Welt nix Besonderes zu sein. Hätte man auch drauf kommen können. IRINA PALM im Ersten um 23:30 Uhr, ShowView 2.802.038


Am Montag:

"Deux hommes dans la ville": Ein Drama um einen Bankräuber, der's schwer hat, als er nach zehn Jahren wieder rauskommt. Buch und Regie von José Giovanni, mit Alain Delon und Jean Gabin, von 1973. Kein Meisterwerk, hat aber alle zu erwartenden Stärken. ENDSTATION SCHAFOTT, so der deutsche Titel, auf arte um 21:00 Uhr, ShowView 449.881



Am Dienstag:

Eine gänzlich unsentimentale Schilderung vom elenden Alltag minensuchender Kinder in einem Flüchtlingslager im Irak. Wieder ein iranischer Film, der beeindruckt mit unglaublich gut spielenden Laien und der gerade wegen seiner zurückhaltenden Erzählweise wirklich ergreifend ist. Auch für Kinder toll, jedenfalls für die etwas größeren. SCHILDKRÖTEN KÖNNEN FLIEGEN, von 2005, auf 3Sat um 23:00 Uhr, ShowView 4.122.602


Auch am Dienstag:

Otto Premingers Schinken über die Gründung Israels habe ich nie gesehen. Dann wird's ja mal Zeit. EXODUS, im Ersten um 00:20 Uhr, ShowView 97.960.935.
Die Bilder der Tagesschau aus dem Gazastreifen, direkt im Anschluss, geben dann weniger Anlass zu großem Pathos.
Die Skatalites haben aus dem pompösen orchestralem Thema der Filmmusik das schönste Skastück überhaupt gemacht. Bei youtube leider nur mit tanzenden Pokemons:



Am Mittwoch:

Schon vormittags um 11:30 Uhr zeigt 3Sat einen vergessenen Klassiker des Kinderfilms: DER GEHEIME GARTEN. Die Hollywoodversion des britischen Buchs von F. H. Burnett ("Der kleine Lord") von 1949 gilt als sehr gelungene Adaption, die für die Szenen im märchenhaften grünen Paradies Farbfilm einsetzt. Wurde noch nirgendwo auf DVD veröffentlicht bislang. Dafür gibt's überall die neue Kitschversion aus den Neunzigern von Agnieszka Holland. ShowView 8.446.003


Auch am Mittwoch:

Der letzte Teil der Trilogie von Lucas Belvaux; hier noch einmal Äußerungen von ihm dazu aus einem Interview, diesmal auf Deutsch. NACH DEM LEBEN im BR um 00:10, ShowView 8.012.707


Auch am Mittwoch:

Der gelungenste Drogenfilm aller Zeiten: komisch, visuell bizarr, unvergesslich. Ersetzt einem glatt den Konsum. Mit dem tollen Jason Schwartzman und Mickey Rourke. Regie führte der Schwede Jonas Åkerlund, der ansonsten nur Videoclips und Musikdokus gedreht hat. In diesem Jahr kommt ein Detektiv-Serienkiller-Film mit Dennis Quaid von ihm in die Kinos. Aber nicht in unsere. SPUN, im Ersten um 00:50 Uhr, ShowView 86.273.908



Wie immer gibt es außerdem noch viele weitere sehenswerte und wohlbekannte Filme im Programm, beispielsweise Robert Altmans GINGERBREAD MAN, Pedro Almodovars SPRICH MIT IHR, John Hustons AFRICAN QUEEN, Terry Gilliams ANGST UND SCHRECKEN IN LAS VEGAS, Joseph Mankiewiczs BARFÜSSIGE GRÄFIN, Ernst Lubitschs NINOTSCHKA, Bernando Betroluccis LETZTER TANGO, Jean-Luc Godards AUSSENSEITERBANDE, D. W. Griffiths INTOLERANCE, Lone Scherfigs ITALIENISCH FÜR ANFÄNGER und Francois Ozons 5x2. Wer suchet, der findet.


Eine Googleabfrage, die letzte Woche jemanden aus Biberach auf diese Seiten führte: "bumsen in der bahn".


6 Kommentare:

  1. Danke für diese längst mal wieder fällige Würdigung Ernst Kahls – ohne den wir uns wohl nicht kennen würden; danke, Ernst! :)

    AntwortenLöschen
  2. Habe eben zahlreiche Fehler getilgt. Dank an die aufmerksamen E-Mail-Korrektoren in Kreuzberg und Barmbek. Ganz großen Dank. Für dieses und all die anderen Male.

    AntwortenLöschen
  3. Gern geschehen. Beste Grüße aus Barmbek-Süd

    AntwortenLöschen
  4. Habe mir "Bolt" in digital 3D angesehen und kann die Behauptung der 'verpuffenden Effekte' nicht ganz nachvollziehen. Das System aus 3D-Projektion und entsprechenden Brillen tut genau das was es soll: es erzeugt eine dreidimensionale Darstellung. Das kennt man schon aus den IMAX-Kinos mit den entsprechenden Filmen, mit dem Unterschied dass die Leinwand in einem normalen Kino nicht ganz so groß ist wie in einem IMAX-Kino.

    AntwortenLöschen
  5. Ich hätt' ihn gern in 3D gesehen ...
    Aber fügt die 3D-Technik dem Film etwas wesentliches zu? Vermutlich sind die Verfolgungsjagden zu Beginn recht spektakulär anzuschauen. Aber dann?

    AntwortenLöschen
  6. Um es mit Sicherheit zu sagen müsste ich ihn nochmal in "2D" sehen, aber ich würde behaupten er verliert etwas wenn man ihn nicht in 3D sieht (zumindest optisch, sicher nicht Inhaltlich oder vom unterhaltungswert). Das liegt ganz einfach daran, dass viele Szenen und Einstellungen auf den 3D-Effekt ausgelegt sind. Wenn zum beispiel der Hamster auf einem aus der Erde ragenden Stück Holz aus mit dem Hund spricht, ist diese Szene von der Kameraeinstellung her darauf ausgelegt, dass dieses Stück Holz mit dem Hamster in der 3D-Version aus der Leinwand heraus den Zuschauern entgegenragt.

    AntwortenLöschen