Die One-Ram-Show

"Godard zum Beispiel. Man sollte ihm nicht trauen. Er hat gesagt: Kino ist Wahrheit, 24mal in der Sekunde. Wie kann ein menschliches Wesen, das auch nur ein Quäntchen Intelligenz besitzt, so einen Quatsch sagen!"

Werner Herzog über die Franzosen, die nie meinen, was sie sagen, nur etwas sagen, weil es hübsch klinge.


Woche 9/2009 (26.2. - 4.3.)


Die Neustarts:




Nur den Oscar hat er nicht in die Hände bekommen, aber gefeiert wurde er zur Genüge: Mickey Rourke als Wrestling-Monster. Für die One-Man-Show, die fast keine Szene ohne den Hauptdarsteller enthält, gab es in Venedig den goldenen Löwen, Rourke selbst wurde für seine Leistung mit einem Golden Globe und einem Spirit Award ausgezeichnet. Im neuen Film von Darren Aronofsky, bislang ein Spezialist für visuell Beeindruckendes, aber inhaltlich manchmal Wirres, ist er "The Ram", ein Wrestler, dessen beste Tage, wie die seines Darstellers, 20 Jahre zurückliegen. Nach einem Herzanfall bekommt der charakterlich und körperlich lädierte Held als Abwrackprämie eine Freundin und einen normalen Job, kehrt aber – eine Ramme muss tun, was eine Ramme tun muss – wenig überraschend in den Ring zurück. Ich schätze mal, mit desaströsen Folgen. Die Geschichte hört sich recht konventionell an, und die Romanze am Rande sowie eine Nebenhandlung um des Ringkämpfers Tochter soll wenig überzeugend sein. Rourke ist es dafür offensichtlich umso mehr, nachhaltig, was letztlich fast alle Kritiker für den Film einnimmt. Wohl ein Muss. THE WRESTLER läuft bei uns OmU im 3001 und im Abaton, synchronisiert im Cinemaxx und im UCI Othmarschen. Hier die Kinos andernorts.

Außer "Ramme" bietet Leo übrigens als Übersetzung von "Ram" auch noch an: Ausdrückmaschine, Ausdrückstange, Bär, Druckmaschine, Druckstange, Druckstempel, Fallgewicht, Kolben, Rammbär, Schafbock, Stempel, Stößel, Sturmbock, Werkzeugschieber, Widder und Schreib-Lese-Speicher. Und hier noch "I'm A Ram", der Lieblings-Al-Green-Song des Kreuzberger Rammbärs:


Außerdem neu:


Ein streichergetränktes Melodram um einen Fünfzehnjährigen und eine Frau, die vor der aufregenden Affäre KZ-Aufseherin war, wie ihr inzwischen erwachsener Liebhaber später feststellen muss. Als mildernder Umstand für die von Kate Winslet dargestellte Nazi-Schergin scheint ihr Analphabetismus dabei zu gelten. Die abwegige Geschichte war zuvor ein Erfolgsbuch von Bernhard Schlink, auch, dank Oprah Winfrey, in den USA, weshalb diese Hollywoodversion unvermeidlich war. Ron Rosenbaum erklärt in Slate, warum der Film keinen Oscar hätte erhalten dürfen. Er ordnet ihn neben DER UNTERGANG, OPERATION WALKÜRE und DAS LEBEN IST SCHÖN ein, Filme, die allesamt eine Revision des Holocaust betreiben, weil sie, nebenbei, ein Deutschland zeigen, dessen Bewohner, quasi als Opfer, hilf- und ahnungslos dem verbrecherischen Treiben der Nazis ausgeliefert waren, von dessen Ausmaß sie keine Ahnung hatten. "Auch die Filmversion vom VORLESER ist vor allem eins: ein Stück Vergangenheitsvergewaltigung zum Kotzen", schreibt Iris Dankemeyer in konkret.

Wer meint, die Hauptpreisträger der Acadamy Awards gesehen haben zu müssen oder gerne mit einer Massenmörderin mitfühlt, ihr beim Sex zuschauen will und über einen stabilen Magen verfügt, geht ins Zeise, Abaton, Koralle oder eines der Multiplexe. Hier die Kinos andernorts.

Seltsamerweise lief der DER VORLESER auch im Wettbewerb der Berlinale, obwohl er schon vor Beginn der Festspiele in mehreren Ländern gestartet war, ein Unding bei einem sogenannten A-Festival. Und dabei wollen sie in Berlin doch unbedingt mit Cannes mithalten, wo ein Wettbewerbsprogramm aber dieses Jahr ganz anders aussehen wird.




Eine von diesen Komödien mit Fick- und Furzwitzen, die in eine herzerwärmende Läuterungsgeschichte ausläuft. Zwei unreife Männer, dargestellt von Sean William Scott und Paul Rudd, werden zu besseren Menschen, als sie sozialen Dienst mit Jugendlichen absolvieren müssen. Scheint nicht in die unterste Kategorie zu gehören, sondern soll ganz unterhaltsam sein. Wer sowas mag, guckt sich VORBILDER?! bei uns im Cinemaxx, Cinemaxx Harburg oder im UCI Wandsbek an. Oder anderswo.



Eine mittelmäßige deutsche Komödie aus dem Münchner Stall, der auch den WIXXER und HUI BUH hervorgebracht hat. Rick Kavanian als Profigangster in Italien soll einen Mafiosi umbringen, gibt sich aber wegen Nora Tschirner als eben dieser aus. Alle zu erwartenden Klischees werden bedient, und ab und an zündet sicherlich auch mal eine Pointe. Bemerkenswert ist eigentlich nur, dass Franco Nero und Bud Spencer in Nebenrollen auftauchen. Und wenigstens hat Til Schweiger mal gar nichts mit der Sache zu tun. MORD IST MEIN GESCHÄFT, LIEBLING läuft im Cinemaxx und im Cinemaxx Harburg und hier andernorts.



Teil Drei der Fantasysaga um Vampire und Werwölfe ist eine Art Prequel und soll weit hinter den ersten beiden Teilen zurückbleiben, die auch schon alles andere als originell waren. Und jetzt spielt nicht mal mehr Kate Beckinsale mit. UNDERWORLD – AUFSTAND DER LYKANER läuft im Cinemaxx, Cinemaxx Harburg, UCI Othmarschen und im UCI Wandsbek und hier überall.




Die Dokumentation über ein alternatives Dorfprojekt in der Altmark dürfte nur für Zuschauer interessant sein, die selber erwägen, das richtige Leben im Grünen zu suchen. Mark Stöhr beschreibt den Film im Schnitt: "So soll also die Zukunft der Menschheit aussehen: Von der inneren Einkehr zerklüftete Gestalten, die dauernd vom Glück reden und dabei ganz unglücklich drein gucken. Immer wenn es sozial und ökologisch interessant werden könnte, sind die Bio-Stalinisten schon da. Mit ihrer dogmatischen Verbohrtheit und ihrem Argwohn gegenüber allem Anderen können sie es locker mit jedem erzkatholischen Bergdorf aufnehmen. 'Wir vollziehen einen Umbruch ohne Barrikaden', sagt einer der Bewohner im Film. 'Unsere Revolution ist: Einfach machen.' Stiglmayr findet das spitzenmäßig. Er zottelt mit seiner Kamera durchs Ökodorf, hält hier mal ein Schwätzchen, geht dort mal mit zum Yoga, drüben bilden ein paar Leute gerade einen Kreis, schnell hin, vorher aber noch eben das Pferd vor dem Pflug ablichten. Kreuz und quer geht es, in kurzen Spots, die ohne erzählerischen Zusammenhang bleiben. Nicht einmal die Chronologie der Jahreszeiten wird eingehalten. Nachhaltiges Filmemachen sieht echt anders aus."

MENSCHEN, TRÄUME, TATEN (ein Titel, der anspricht, wen er ansprechen will und alle anderen fairerweise schon von weitem abschreckt) läuft nur am Mittwoch im Abaton und hier andernorts.




Ein schwülstig bebildertes, prätentiöses Roadmovie aus Frankreich, in dem zwei Zwillingsbrüder allmählich merken, dass der eine schwul ist und der andere nicht. "Das, was kunstsinnig sein will, wirkt über weite Strecken gekünstelt; Überblendungen und Doppelbelichtungen werden inflationär eingesetzt. Die Geschichte selbst (...) entpuppt sich als reines Kunstprodukt. (...) Die Orientierungslosigkeit des Zuschauers wird noch dadurch verstärkt, dass Antoine und Quentin von echten Zwillingen dargestellt werden, sodass Verwechslungen zwangsläufig, wahrscheinlich sogar gewollt sind", schreibt Hans Messias im filmdienst. Auweia. REICH MIR DEINE HAND läuft bei uns nur am Freitag im Rahmen der "Gay Filmnacht" im Cinemaxx. Und hier andernorts.



Wöchentliche Provinzialitätsmessung:


Anderswo startet diese Woche außerdem schon wieder eine türkische Romcom, diesmal mit dem Titel FOLGE KADRI, NICHT DEINEM HERZEN, und aus Deutschland MARIA AM WASSER, ein Film über einen Orgelbauer in Sachsen und ein handelsübliches Geheimnis in den Tiefen der Vergangenheit bzw. der Elbe. Bei uns laufen also wieder nur 78% der Filme an. Wenn man die beiden Filme noch abzieht, die jeweils ein einziges Mal gezeigt werden, landen wir bei 56%. In Berlin sind sie, wie immer, alle zu sehen.



Weiterhin:



DER KNOCHENMANN im Zeise und im Abaton. Und anderswo.

REVANCHE nur noch nachmittags im 3001. Und andernorts.

DER FREMDE SOHN jetzt auch wieder abends im Magazin. Nachmittags im Blankeneser und vereinzelt mittags im Abaton. Hier alle Kinos andernorts.

JERICHOW im Blankeneser. Und hier andernorts.

DIE KLASSE am Mittwoch um 15:00 Uhr im Abaton. Und anderswo.

SO FINSTER DIE NACHT wieder im 3001. Und hier andernorts.

VICKY CRISTINA BARCELONA nur noch nachmittags im Passage, in einer Sonntagsmatinee im Zeise und einmal nachmittags im UCI Wandsbek. Und hier ansonsten.

BOLT nur noch nachmittags in fast allen Multiplexen und hier andernorts.

DER FREMDE SOHN im Magazin und im Alabama, außerdem noch je einmal im UCI Mundsburg und im Cinemaxx Harburg, sowie nachmittags im Cinemaxx. Und hier andernorts.

Nicht mehr bei uns, aber noch anderswo zu sehen: LULU UND JIMI (Kinos), ALTER UND SCHÖNHEIT (Kinos), IT´S A FREE WORLD (Kinos), WALTZ WITH BASHIR (Kinos), O´HORTEN (Kinos), ROT WIE DER HIMMEL (Kinos) und DIE PERLMUTTERFARBE (Kinos).


Außer der Reihe:



Im Metropolis: Los geht's im März mit einer vollständigen Jim-Jarmusch-Retrospektive, immer schön untertitelt. In der ersten Woche: STRANGER THAN PARADISE, das glorreichste "Kleine Fernsehspiel", das je vom ZDF produziert wurde. Und einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Bis kurz vor Schluss passiert fast nichts und das Nichts ist wahnsinnig komisch. Nicht einmal Witze gelingen den Protagonisten: "Here, let me tell you a joke, all right? There's three guys, and they're walking down the street. One guy says to the other one, 'Hey, your shoe's untied.' He says, 'I know that.' And they walk... No... There's two guys, they're walking down the street, and one of them says to the other one, 'Your shoe's untied.' And the other guy says, 'I know that.' And they walk a couple blocks further, and they see a third friend, and he comes up and says, 'Your shoe's untied.' 'Your shoe's un - ' Aaah, I can't remember this joke. But it's good". Außerdem läuft der Erstling PERMANENT VACATION.

Weiter geht's auch mit der Romy-Schneider-Retrospektive und dem "Black History Month 2009". Und von Hayao Miyazaki läuft diese Woche CHIHIROS REISE INS ZAUBERLAND.



Bernd Eilert auf meine Frage nach seinem Lieblingsfilm:

"Ein Film aus dem Jahr 1962: IL SORPASSO – was einen Überholvorgang meint, der sowohl im Straßenverkehr als auch in einem Menschenleben vorkommen kann, das auf der Überholspur geführt wird.
Der Regisseur Dino Risi, der gemeinsam mit Ettore Scola auch das Drehbuch geschrieben hat, erzählt in sonnendurchfluteten Schwarz-Weiß-Bildern die fabelhafte Geschichte zweier junger Männer, die unterschiedlicher kaum sein könnten: die 'Ameise', dargestellt von Jean- Louis Trintignant, wird von der 'Grille' (Vittorio Gassmann) auf eine hochsommerliche Spritztour mitgenommen, die an einem Sonntagmorgen im menschenleeren Rom beginnt und am nächsten Tag mit dem Tod eines der beiden Protagonisten endet. In deren Verlauf sind die beiden, die sich zuvor nie begegnet waren, einander näher gekommen, wobei – ganz anders als in Lafontaines Fabel – die grillenhafte Existenz sich als die attraktivere und lebenswertere erweist – zumindest im Twistzeitalter, das hier ein einziges Mal einen Ausdruck gefunden hat, der seine Banalität überhöht und feiert.
Was mich rührt an diesem Film, ist eben diese unbedingte Bejahung der Sinnlosigkeit unserer Existenz. Denn daraus ergibt sich eine Stillage, die nicht zwischen Komödie und Tragödie liegt, sondern irgendwo darüber oder darunter – je nach Betrachtungsweise.
Dass IL SORPASSO in Deutschland so gut wie unbekannt geblieben ist, mag auch am deutschen Verleihtitel liegen: 'Verliebt in scharfe Kurven'".



Was für ein Filmstart. Sieht ein wenig so aus, als wenn Antonioni eine Komödie gedreht hätte. Und was für eine nette Überraschung, ein Lieblingsfilm, von dem ich noch nie gehört habe. Offenbar ein vergessener Schatz, den nicht nur in Deutschland fast keiner kennt. Auf DVD wurde er bislang nur in Italien veröffentlicht, ohne fremdsprachige Untertitel. Aber wer ihn gesehen hat, ist des Lobes voll: Bei imdb gibt es siebzehn Nutzerkommentare, die allesamt reichlichen Gebrauch von Superlativen machen. ("Einer der besten zehn italienischen Filme, die je gemacht wurden", "... die definitive Kombination aus Komödie und Road Movie und einfach ein Wunder: Wie kann ein Film nur so lustig und emotional, leicht und nachdenklich stimmend sein?") Die 1500 Wertungen ergeben eine Durchschnittsnote von 7,8. Seltsam mutet die noch immer gültige FSK-Freigabe an: ab 18.

Wer neugierig geworden ist und weder Mühe noch das Begehen von Straftaten scheut, kann sich von Rapidshare den kompletten Film in acht Teilen herunterladen. Mit englischen Untertiteln. Bequemer für alle, die die entsprechende Software installiert haben, ist der Torrent-Download von hier. Braucht aber eine Ewigkeit.



Bernd Eilert, gezeichnet von Hans Traxler. Vor 22 Jahren.


Bernd Eilert ist das jüngste Mitglied der "Neuen Frankfurter Schule", er traf erst Anfang der Siebziger in Frankfurt ein, wo Robert Gernhardt, F.K. Waechter, Peter Knorr, F.W. Bernstein, Eckhard Henscheid, Hans Traxler und Chlodwig Poth schon jahrelang ihr Humorwesen trieben und verfeinerten.

Mit F. K. Waechter entstand schon 1972 das Kinderbuch "Die Kronenklauer", das erfreulicherweise gerade wieder aufgelegt wurde. Für Pardon schrieb er bald regelmäßig und gehörte 1979 zum Gründungsteam der Titanic, für die er von der ersten Ausgabe an unter anderem die "Liste der peinlichsten Persönlichkeiten" erstellte, unterstützt von Eckhard Henscheid, Wilhelm Genanzino und weiteren Autoren. Auf der letzten Liste, die schließlich peinlicherweise die Autoren der Kolumne selber für ihre Peinlichkeit auszeichnete, was von Lesern über die Jahre immer wieder gefordert worden war, heißt es über Bernd Eilert: "... typischer Mitläufer, -macher, -schnacker, der er war und ist, nahm keinerlei Anstand, sich an dem lutherisch-luziferischen Unternehmen zu beteiligen, und hat zudem als einziger während zehn langer Jahre nicht davon lassen können".

Andere Rubriken, die Eilert mitentwickelte, leben bis heute in der Titanic fort. Etwa die "Humorkritik" vom hier öfter erwähnten "Hans Mentz" oder die "Briefe an die Leser", die jahrelang in Manfred Bissingers Wochenzeitung Die Woche schlecht kopiert wurden.

Bernd Eilert hat einen Krimi geschrieben, der sich feinsinnig und anspielungsreich weit von den Konventionen des Genres entfernte und leider schon ewig nicht mehr gedruckt wurde. Er heißt, je nach Ausgabe, "Notwehr auf Italienisch" oder "Eingebildete Notwehr" und ist problemlos antiquarisch zu bekommen, genauso wie der Band mit Erzählungen "Windige Passagen", der auch "Wenn Arschlöcher erzählen könnten ..." hätte heißen können, wie der Autor im Klappentext meint.

Ein monströses Unterfangen war die Herausgabe des "Hausbuchs der literarischen Hochkomik", kein Ziegel- sondern mehr ein Ytongstein von einem Buch, das auf mehr als 1500 eng beschriebenen Seiten Beispiele für gelungenen Witz in der Weltliteratur vorstellt und jeweils einleitet und dabei auch so überraschend wie überzeugend Autoren wie Fjodor Dostojewski oder Franz Kafka für die Hochkomik reklamiert. Dem willigen Leser eröffnen sich neue Horizonte, und wenn man nur ein einziges Buch hätte, wäre man nicht schlecht dran, wenn es dieses wäre. Leider auch nur antiquarisch erhältlich; hoffentlich gibt es endlich mal eine Neuauflage bei Haffmans/2001 oder anderswo.

Das größte Publikum und damit auch die verlässlichste Einnahmequelle bescherte ihm die nun nahezu vier Jahrzehnte andauernde Zusammenarbeit mit Otto Waalkes. Früher zusammen mit Robert Gernhardt und Peter Knorr, heute im Alleingang, schreibt er dessen Texte für die Bühnenauftritte und alle medialen Erzeugnisse von den legendären Fernsehshows bis zu den SIEBEN ZWERGEN und trägt somit Mitverantwortung für sämtliche Höhe- und Tiefpunkte im Schaffen des erfolgreichen Komikers. Hoffentlich macht Otto bald mal zwei Jahre Pause und verschafft Bernd Eilert so genügend Zeit für ein neues Buch. Gerne wieder mit einem Arschloch als Erzähler.


Und ein Film, den wir glücklicherweise nicht gesehen haben:

Dino Risi ist letzten Juni gestorben; er wurde 92 Jahre alt. Filme hat er seit Mitte der vierziger Jahre und bis ins neue Jahrtausend hinein gemacht; leider waren diese in den letzten Jahrzehnten offenbar meist mittelmäßig bis miserabel. DER DICKE KÖNIG DAGOBERT von 1984 ist trotz guter Schauspieler wohl eine Katastrophe: "Misslungener Versuch einer Parodie auf Historienfilme und einer Satire auf das Leben im Mittelalter; Klamauk und vulgäre Dialoge prägen die Inszenierung", meint das Filmlexikon. Übrigens: Hat eigentlich irgendeiner der Leser hier Til Schweigers Ritterklamotte gesehen? Und wie war's?



Umsonst und zuhause


Am Donnerstag:

Nicht gerade ein Geheimtipp, aber einen Hinweis wert, da die durchgeknallte Alienkomödie von Tim Burton auf arte ausgestrahlt wird: Mal ohne Werbung, aber mit Abspann. Der verschwenderischste Umgang mit Stars, der mir bekannt ist, ein bösartiges, wahnsinnig komisches Gemetzel und definitiv kein Film für Countryfreunde. Vegas besiegt Nashville: Tom Jones überlebt sogar. Der einzige monströs teure Hollywoodfilm mit Special-Effects-Schlachten, für den ich mich wirklich erwärmen kann. Nie wurde Geld sinnvoller verschwendet. MARS ATTACKS um 21:00 Uhr, ShowView 4.181.572


Auch am Donnerstag:

Dem einflussreichen japanischen Horrorfilm von 1998 eilt der Ruf eines Meisterwerks voraus, da sollte man die Erwartungen erstmal etwas runterschrauben, um an der eher unblutigen Geschichte seine Freude zu haben. Die Bedrohung durch Anrufe und ein geheimnisvolles verschneites Video wird visuell eindrucksvoll spürbar gemacht, aber die Geschichte ist dann leider doch etwas zu simpel. Trotzdem sehenswert. THE RING im WDR um 23:15 Uhr, ShowView 5.322.930


Am Freitag:

Anke Gröners Lieblingsfilm. ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT auf RTL2 um 20.15 Uhr. ShowView 9.643.640


Auch am Freitag:

Ein Gangsterdrama von Abel Ferrara mit einem fantastischen Christopher Walken und überhaupt einer großartigen Besetzung: Benicio del Toro, Chris Penn, Vincent Gallo und Isabella Rosselini sind auch dabei. Es ist völlig unverständlich, warum dieser intelligente und düstere Film nicht wenigstens im Nachhinein mehr Verehrer gefunden hat. Er gehört zu den Besten des Genres.
DAS BEGRÄBNIS, von 1996, auf 3Sat um 22:25 Uhr. ShowView 34.961.379


Auch am Freitag:

Eine Kindheitsgeschichte, die in den Sechzigern auf Haiti spielt. Die angeblich sehr überzeugend gefilmten Erinnerungsbruchstücke an die Flucht vor Folter und Mord sollen nicht weniger als "das kollektive Gedächtnis eines Volkes wiederherstellen", wie Regisseur Raoul Peck sagte. DER MANN AUF DEN QUAIS, im ZDF um 00:15 Uhr, ShowView 6.651.022


Am Samstag:

Achtung! Schon um 12:05 Uhr zeigt RTL2 den legendären Film, in dem Jeff Bridges in ein Computerspiel verschlagen wird: TRON. Sensationell die Umsetzung: Mit den Mitteln, die 1982 zur Verfügung standen, wurde tatsächlich Computeranimation eingesetzt. Hat aus heutiger Sicht viel Charme. ShowView 5.072.954. Fast ebenso legendär wie der Film ist mittlerweile die Simpsonsepisode, in der Homer in eine tronartige Welt gesaugt wird und 3D-animiert schließlich in die Realwelt entkommt. Hier ist sie.


Auch am Samstag:

Um 00:15 Uhr zeigt der WDR den zweiten Teil von Chan-Wook Parks intelligenter und bizarrer Rachetrilogie aus Korea: OLDBOY. In jeder Hinsicht außergewöhnlich. Extremes Kino, wie es im Westen keiner hinbekommt. ShowView 9.383.333





Am Sonntag:

Schon um 11:00 Uhr im MDR! Einer der schönsten Mantel-und-Degen-Filme (ohne Mantel, mit Pistolen), mit Jean-Paul Belmondo und Claudia Cardinale. An den heiteren Ton versuchte später, weit weniger erfolgreich, Richard Lester mit seinen Musketierfilmen anzuknüpfen. CARTOUCHE, DER BANDIT ist eine Art Robin Hood, nur weit weniger edel und auch nicht sonderlich gescheit: Was er an Claudia Cardinale hat, merkt er erst, als es zu spät ist. ShowView 3.994.656


Auch am Sonntag:

Zum ersten Mal umsonst im Fernsehen: Die Satire mit Meryl Streep als machtbesessene Chefredakteurin eines Modemagazins. Nicht weltbewegend, aber sicher sehr unterhaltsam. Vorlage war das Buch einer ehemaligen Assistentin der Chefin der amerikanischen Vogue, Anna Wintour, der dieses unfreundliche filmische Portrait zu weltweiter Bekanntheit verholfen hat. Anke Gröner: "Ganz so, wie Meryl ihre Schäfchen im Griff hat, hat der Film auch den Zuschauer im Griff. Man kommt gar nicht groß dazu, irgendwas zu hinterfragen, so hoch ist das Tempo der ziemlich belanglosen Geschichte. Aber wenn dann alles vorbei ist und sich alle wieder liebhaben, fragt man sich doch, was der ganze Quatsch soll. Dann erinnert man sich daran, dass man Mode genauso wenig ernst nehmen sollte wie manche Filme. Und dann passt das schon wieder."
DER TEUFEL TRÄGT PRADA, um 20:15 Uhr auf RTL, ShowView 4.256.246


Auch am Sonntag:

Ein packendes Melodram, das auf und vor einer bretonischen Insel spielt und alles aus der rauen Landschaft herausholt. Die ehebrechende FRAU DES LEUCHTTURMWÄRTERS ist Sandrine Bonnaire, die hier mit 37 Jahren schöner ist denn je. Im Ersten um 00:00 Uhr, ShowView 1.712.173


Auch am Sonntag:

Als ein viel versprechendes Debüt wurde diese Geschichte um einen einst berühmten Autoren, gespielt von Ed Harris und seine erwachsene, zurückgekehrte Tochter gelobt, aber an der Kasse war es kein Erfolg, weshalb der Film es auch gar nicht erst bei uns in die Kinos geschafft hat. Nuanciert, charmant und in gemächlichem Tempo erzählt soll EIN WINTER IN MICHIGAN sein. Mal gucken. Auf N3 um 00.15 Uhr, ShowView 3.906.482


Auch am Sonntag:

Der schwedische Film von 2003 demonstriert, wie man erträgliche Mainstream-Romcoms zustande bringt: geerdet, schrullig und saukomisch. Es geht um einen jungen Pfaffen mit Liebesnöten in einer neuen Gemeinde; die Probleme der Figuren sind nicht nur Pillepalle, sondern gehen hin bis zur Querschnittslähmung. MIFFO, im MDR um 01:00 Uhr, ShowView 80.808.314


Auch am Sonntag:

Ein Science-Fiction-Film von 1971 mit Ökobotschaft und Musik von, ja, wirklich, Joan Baez. Muss man abkönnen. Die Erde ist im Eimer, und in einem Raumschifff entbrennen Kämpfe um eine Baumschule im All. Die Plotkonstruktion dürfte einzigartig in dem Genre sein. LAUTLOS IM WELTRAUM, auf Tele5 um 03:20 Uhr. ShowView 9.120.289



Am Montag:

"Eine flinke, sauber gearbeitete Genreparodie"; Zucker & Zucker und Abrahams "setzen nicht auf Namen, Aufwand oder Ästhetik, sondern auf die einzige Trumpfkarte dieser Spezies komischer Filme, den gut erdachten, schlank präsentierten Einfall", schrieb "Hans Mentz" im ersten Jahrgang der Titanic. Wer war's wohl wirklich? Vielleicht Bernd Eilert. In der gleichen Ausgabe wird übrigens BLUES BROTHERS in die Tonne getreten: eine "völlig witzlose, elend konventionelle Musikklamotte" sei das.
Der deutsche Titel enthält leider sechs Wörter zuviel: DIE UNGLAUBLICHE REISE IN EINEM VERRÜCKTEN FLUGZEUG, im Vierten um 20:15 Uhr, ShowView 95.312.869


Auch am Montag:

Nochmal Mantel-und-Degen, diesmal mit Mantel und Degen galore, der Film mit einer der längsten Fechtszenen der Filmgeschichte. Stewart "Old Surehand" Granger und Janet Leigh in einem Film des Drei-Musketiere-Regisseurs George Sidney, von 1952. SCARAMOUCHE, DER GALANTE MARQUIS, im Ersten um 01:05 Uhr, ShowView 3.414.845


Am Dienstag:

Die Geschichte vom Abstieg eines Models ist einer der besten deutschen Filme der letzten Jahre, ging in den Kinos aber leider ziemlich unter. Mit dem Ex-Model Agata Buzek, das einen guinessbuchverdächtig dünnen Hals hat und die Tochter vom Ex-Ministerpräsidenten Polens, Jerzy Buzek, ist. Und mit einem wie immer großartigen Devid Striesow als Parkwächter unterm Potsdamer Platz. Die aus Osnabrück stammende Regisseurin Birgit Möller konnte seitdem leider keinen weiteren Film realisieren und arbeitet zur Zeit als Kameramann, äh -frau. 3Sat strahlt VALERIE erstmals zu einer vernünftigen Sendezeit aus, um 20:15 Uhr, so dass der Film am Dienstagabend mehr Zuschauer haben dürfte, als bei der gesamten Kino-, DVD- und Fernsehauswertung bislang. Möge es Birgit Möller nützen. ShowView 98.889.870


Auch am Dienstag:

Eine der unvergleichlichen Hochgeschwindigkeitsthrillerkomödien vom Begründer und Meister des Genres, Sabu, dessen jüngste drei Filme in der Kinoprovinz Deutschland nicht mal mehr auf DVD veröffentlicht wurden. Aber bis hier schaffen es ja nicht mal mehr die Filme Takeshi Kitanos; es ist ein Jammer. POSTMAN BLUES, der Film mit der Fahrradverfolgungsjagd, auf 3Sat um 22:25 Uhr, ShowView 14.388.777


Am Mittwoch:

Ein Coming-Of-Age-Film, der in den Sechzigern in der schwedischen Provinz spielt. Ganz nett, aber lange nicht so komisch, wie der Trailer vermuten lassen würde, wie Jö hier irgendwann mal in einem Kommentar angemerkt hat. POPULÄRMUSIK AUS VITTULA im BR um 23:35 Uhr, ShowView 5.721.655

Wie immer gibt es außerdem noch viele weitere sehenswerte und wohl bekannte Filme im Programm, beispielsweise Detlev Bucks KNALLHART, GESPRENGTE KETTEN, ZUR SACHE SCHÄTZCHEN, MARNIE, DER ROSAROTE PANTHER, MISERY, DIE STADT DER VERLORENEN KINDER, LADYKILLERS und SCHREI IN DER STILLE. Wer suchet, der findet.

Wer die Fernsehtipps lieber häppchenweise, an den jeweiligen Ausstrahlungstagen lesen will, wechselt zur Fernsehprovinz.



Eine Googleabfrage, die letzte Woche jemanden aus Marktheidenfeld auf diese Seite führte: "glory holes kinos Schweinfurt".


4 Kommentare:

  1. Ich vermisse das Kinofoto der Woche.

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  2. Freut mich zu hören. Aber du scheinst ganz allein damit zu sein ...

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  3. Ich will auch wieder Kinofotos sehen!

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  4. Auch neu: Das Kinoblog aus Berlin unter:

    http://kinoberlin.blogspot.com/

    Vielleicht kann das Team der Kinoprovinz uns auch bei den Links hier aufnehmen. Das wäre nett.

    Beste Grüße
    ATRIUM

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