Eine Hebamme unter bösen Russen und ein Bauer im All

Woche 52/2007


Einen tollen neuen Film hat das Kinojahr 2007 noch zu bieten: Cronenberg hat nach A HISTORY OF VIOLENCE wieder mit Viggo Mortensen einen Thriller fabriziert, der uneingeschränkt großartig zu sein scheint. "Stilistische Meisterschaft", "psychologische und ausstatterische Genauigkeit", "komischer Drive", "unaufwendig komponierte Szenen von abstrakter Klarheit", das sind ein paar Stichworte aus der Kritik von Dominik Kamalzadeh im Standard. Mehr braucht man gar nicht zu lesen über TÖDLICHE VERSPRECHEN, schon gar nicht über den Plot, schlimmstenfalls wird man im Kinosessel sonst wieder von gar nichts überrascht. So wie das all jenen ging, die in MAGNOLIA saßen und in der ganz und gar unglaublichen Szene nur dachten, ach ja, das ist das jetzt mit den Kröten. Mir war das erspart geblieben, da ich die Regel beherzigt hatte, von den vorab angeschauten Kritiken nur jeweils den ersten und den letzten Absatz zu lesen. Na gut, jetzt aber ein Satz zur Handlung: Eine Hebamme gerät an russische Gangster in London bei dem Versuch, die Identität eines Kindes zu klären. Cronenberg hat in den 70er und 80er Jahren legendäre Horrorfilme wie VIDEODROME und SCANNERS gemacht und in den 90ern doofe Filme wie die Burroughs-Verfilmung NAKED LUNCH, CRASH und EXISTENZ (hatten wir im VC, der Film, in dem den Leuten Stecker in ihre "Bioports" geschoben werden). Heutzutage schafft er souverän Meisterwerke wie die genannte HISTORY OF VIOLENCE, einer der besten Filme der letzten Jahre. TÖDLICHE VERSPRECHEN läuft im Abaton OmU und im Grindel OF, außerdem im Cinemaxx und im UCI Othmarschen.


Ganz hübsch scheint auch das Märchen vom Bauern zu sein, der sich eine Rakete baut, um damit einmal um die Erde zu fliegen. Der ASTRONAUT FARMER wird von Billy Bob Thornton gespielt und wer wäre dafür besser geeignet? Wer etwas für einfache, aber charmante Geschichten übrig hat, sollte sich beeilen: Der Film läuft nur im UCI Wandsbek und deshalb ist es fraglich, ob er in unserer Kinoprovinz länger als eine Woche zu sehen sein wird.


DAS HERZ IST EIN DUNKLER WALD ist der bescheuerte Titel eines deutschen Films, der offensichtlich auch wieder nix geworden ist. An den Schauspielern liegt es diesmal nicht, Devid Striesow, der Matratzenverkäufer aus LICHTER und Nina Hoss machen ihre Sache bestimmt gut, aber die Regie scheint sich ziemlich zu verzetteln. Da ist ein Paar mit Kindern und alles ist gut, bis sie irgendwann herausfindet, dass er parallel bei einer weiteren Familie die Paparolle innehat. Könnte gut sein, ist wohl aber furchtbar prätentiös und holprig. Striesow und Hoss sind auch ein Paar in Christian Petzolds YELLA, den ich immer noch nicht gesehen habe. Ich pfeif auf den Herzwald und hol das jetzt endlich nach. Auf DVD. Solltet ihr reingehen wollen, dann ist das möglich im Zeise und im UCI Mundsburg.



Außerdem:

JENNAS KUCHEN nochmal am Sonntag um 19.30 und am Mittwoch um 20.30 im Magazin.

4 MONATE, 3 WOCHEN UND 2 TAGE nur noch nachmittags um um halb vier im großen Passage.

HOTEL VERY WELCOME noch eine Woche im Studio.

VERWÜNSCHT in den Multiplexen.

PERSEPOLIS im Abaton und im Studio.

MR. BROOKS nur noch in Spätvorstellungen im Cinemaxx.

AMERICAN GANGSTER im Cinemaxx, im Grindel OF, im UCI Othmarschen und im UCI Wandsbek.

RATATOUILLE nur noch nachmittags im Studio, im Zeise, im Grindel und im Magazin.

DER GOLDENE KOMPASS in den Multiplexen , im Grindel manchmal OF.



Umsonst und zuhause:


Am Sonntag zeigt das Erste um 22.45 GAUNER UNTER SICH, das amerikanische Remake einer argentinischen Capergeschichte, 9 QUEENS.
Scheint wie üblich im Vergleich ziemlich abzustinken, aber dank Diego Luna, John C. Reilly und Maggie Gyllenhaal in den Hauptrollen durchaus sehenswert zu sein. In die deutschen Kinos gelangte der Film von 2004 nicht.


Am Neujahrstag um 23.25 kann man im ZDF überprüfen, ob Shekhar Kapurs Kostümschinken alle so furchtbar sind wie ELIZABETH - DAS GOLDENE ZEITALTER. Das Kolonialdrama von 2002 heißt DIE VIER FEDERN.



Kinos, Folge 7: Das Residenz Filmtheater in Köln, geschlossen seit Ende 2005

2 Kommentare:

  1. Sieht so aus, als müsste ich hier mal wieder den Miesmacher geben: "Tödliche Versprechen" ist keineswegs das erwartete Meisterwerk, sondern vor allem eine Ansammlung von öden und ödesten Russen- und Russenmafia-Klischees. Wenn Cronenberg und sein Team wirklich so viel Recherche betrieben haben, wie immer behauptet wird, dann müssen sie sich vor Beginn der Dreharbeiten dazu entschlossen haben, alle Ergebnisse in die Tonne zu treten.
    Des weiteren hat der Film zu bieten: ein schwaches Drehbuch mit einer reichlich unoriginellen und kaum entwickelten Geschichte und vielen Logik-Löchern sowie ein sinnloserweise international zusammengesetztes Ensemble mittelmäßiger (Mortensen) bis unterirdischer (Müller-Stahl - schafft mir den Mann aus den Augen!) Schauspieler, die - und auch hier lügen alle Vorabberichte! - sich gegenseitig zu übertreffen versuchen im Vortragen des lächerlichsten pseudorussischen Akzents. Dabei geht es weniger um die wenigen Alibi-Zeilen in Russisch, die jeder Schauspieler auswendig lernen musste, sondern um all die anderen Szenen, in denen die „Russen“ sich - jeder Wahrscheinlichkeit widersprechend - auch untereinander auf Englisch unterhalten.
    Immerhin: Die Gewaltszenen in dem Film sind erste Sahne, wenn man aso etwas mag. Insbesondere eine großartig gefilmte Kampfszene in einer Sauna wird in Erinnerung bleiben. Und wahrscheinlich ist auch das Licht ganz toll - keine Ahnung, bei solchen Sachen müsst Ihr Gunnar fragen ...

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  2. Der "Pate" ist in Deinen Augen wahrscheinlich auch nur eine Ansammlung von Mafiaklischees. Ich habe solche Mafiosi wie in "Tödliche Versprechen" vorher noch nicht gesehen. Welche medialen Dartellungen haben denn die angeblichen Klischees geprägt? Wovon redest Du? Die Geschichte ist ein einfaches Melodram. Muss man nicht mögen, aber es ist reiner Unfug, von einem "schwachen Drehbuch" zu reden. Wo sind die "Logik-Löcher"? Im Singular wäre die Aussage korrekt: Dass das Kind nicht polizeilich geschützt wird nach der Blutuntersuchung, ist natürlich ein Fehler, der in Kauf genommen wurde, um die dramatischen Szenen am Wasser zu bekommen. Über die falschen Russen kann man geteilter Meinung sein, aber zumindest Viggo Mortensen macht das doch großartig. "Mittelmäßig"? Warst Du im gleichen Film? Das Russisch und das Englisch mit russischem Akzent kann ich nicht beurteilen. Vielleicht ist Dir das dermaßen auf die Nerven gegangen, dass es Dir den ganzen Film vergällt hat. Beim "Paten" reden die ja übrigens auch alle englisch statt italienisch miteinander, auch "jeder Wahrscheinlichkeit widersprechend", regst Du Dich da auch auf?

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