Woche 10/2008
IM TAL VON ELAH ist ein Krimi von Paul Haggis, dem Regisseur von L.A. CRASH. Das Drehbuch hat er auch verfasst, das ist sein eigentlicher Job. Im Tal von Elah, so verrät Wikipedia, kämpfte David gegen Goliath. Was der biblische Handlungsort für diesen Film bedeuten soll, ist mir unklar. Die Hauptfigur, ein Vietnamveteran, der nach seinem verschwundenen Sohn, der gerade aus dem Irak zurückgekehrt ist, sucht, war eigentlich für Clint Eastwood gedacht (für den Haggis LETTERS FROM IWO JIMA und MILLION DOLLAR BABY schrieb), wird jetzt aber von Tommy Lee Jones gespielt, der in letzter Zeit einige schöne Gelegenheiten hatte, sein Können wie seine Furchen zur Schau zu stellen. Die konventionelle Kriminalhandlung transportiert nebenbei erstmals überzeugend hollywoodsche Kritik am Irakkrieg, so heißt es. Haggis: "Als Amerikaner fühle ich mich dazu verpflichtet, die Staatsgewalt zu hinterfragen. Das ist amerikanischer Patriotismus! Darauf beruht unsere ganze Demokratie. Die Verfassung gibt uns sogar das Recht, unsere Regierung zu stürzen, wenn sie nicht im Sinne des Volks handelt. Und unser Präsident will uns verbieten, den Krieg zu hinterfragen? Da sage ich: Fuck you!" Solche Äußerungen im Interview mit dem Tagesanzeiger (zum Bibel-Titel sagt er auch was) erwecken den Eindruck, als sei die ganze Kriminalhandlung nur ein Vehikel, um schwer pädagogischen Stoff zu transportieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass es stimmt und wir hier den gelungensten Antiirakkriegsfilm vor uns haben. Gut ist er deshalb noch lange nicht. Läuft im 3001, im Cinemaxx und im UCI Othmarschen.
Auf der Berlinale hat er für den hysterischsten Andrang gesorgt: Shah Rukh Khan mit dem neuen Bollywoodbombast OM SHANTI OM. Diesmal tanzen unter anderem Piraten, Bergleute und Tennisspieler. Für manche ein Muss. Aber nicht für mich. Nur in der deutschen Fassung im Cinemaxx und im UCI Mundsburg.
Es gibt diese Woche auch wieder einen neuen Kostümquatsch für das gesetzte Arthouse-Publikum, DIE SCHWESTER DER KÖNIGIN. Alles dreht sich um die Frage ob Heinrich des VIII. Thronfolger von Natalie Portman oder Scarlett Johansson empfangen und ausgetragen wird. Wer sowas mag geht ins Grindel (OmU), ins Cinemaxx, ins UCI Wandsbek oder nach Volksdorf ins Koralle (Vorsicht: Da könnte es eine miserable Digitalprojektion geben).
KIRSCHBLÜTEN - HANAMI ist ein neuer Film von Doris Dörrie. Mit Fritz Wepper und Hannelore Elsner. Definitiv nichts für mich, auch wenn es nicht so schlimm sein soll wie üblich. Elsner ist ein hinreichender Grund, sich das auf keinen Fall anzugucken. Läuft im Streits, im Holi und im UCI Mundsburg.
Und für Roland Emmerichs Steinzeitblödsinn 10.000 B.C. müsste man in eines der Multiplexe.
Außerdem und weiterhin:
I´M NOT THERE im Abaton OmU, außerdem im Zeise in der deutschen Fassung, von der ich dringend abrate. Die Fake-Doku-Einsprengsel, die immer wieder (je nach Darsteller) unterschiedliche Nachahmung des Dylan-Tonfalls und -Idioms, die Songzeilen im Dialog, das alles lässt sich nicht eindeutschen. Nur zu empfehlen für Leute, die sich statt Blonde On Blonde lieber ins Deutsche über- und von Wolfgang Niedecken vorgetragene Dylansongs anhören. Im Abaton läuft die OmU-Fassung leider immer nur in einer der beiden Schachteln und ist deshalb auch regelmäßig ausverkauft. (Wieso wird dem Abaton der ganze OmU-Kuchen allein gelassen, der offensichtlich viel zu groß ist? Wann immer ich in letzter Zeit da war, saß ich gedrängt in einem der ausverkauften Säle, und ohne Vorbestellung wäre ich gar nicht reingekommen. Wieso springt da eigentlich nicht mal das Magazin oder ein anderes unabhängiges Kino mit geringer Auslastung ein, wäre das nicht eine schöne Wiedereröffnung für das Fama gewesen, zum Start, um Aufmerksamkeit zu schaffen, ein Konzert im Kino mit illustren Hamburger Musikern von Jochen Distelmeyer bis Tish Hinojosa, alle mit Dylan- Coverversionen im Gepäck)
"Die diversen Dylans geben wohl auch jede Menge Stuss von sich, besonders Richard Gere, der die Jesusphase abgekriegt hat", schrieb ich letzte Woche. Als ich vorgestern drin war, stellte sich raus, dass ich selber Stuss von mir gegeben habe. Richard Gere gibt hier nicht sonderlich viel von sich, ob Stuss oder sonst etwas und den bekehrten Dylan macht Christian Bale in einer ganz wunderbaren Szene. Ein anderer Höhepunkt, über den ich zum Glück vorher nichts gelesen hatte, war der Witz zum legendären Elektroauftritt bei Newport. Lasst Euch überraschen. Kurz zusammengefasst: Zu meiner Freude wurden meine positiven Vorurteile nicht nur bestätigt, sondern übertroffen. Ein einzigartiger Film. Wie fände ich ihn, würde ich nichts über Dylan wissen? Keine Ahnung. Wahrscheinlich würde ich nichts verstehen, aber sehr neugierig werden.
NO COUNTRY FOR OLD MEN im Abaton OmU, außerdem im großen Passage mit der einzigartigen Klappleinwand, im Zeise, im UCI Mundsburg, UCI Wandsbek und im Koralle (Vorsicht: manchmal Digitalprojektion).
THERE WILL BE BLOOD im Abaton OmU, außerdem im Passage und im Studio.
DARJEELING LIMITED von Samstag bis Montag im Magazin.
TÖDLICHE VERSPRECHEN für alle, die ihn verpasst haben, nochmal im Alabama von Sonntag bis Dienstag.
MICHAEL CLAYTON läuft in den Multiplexen.
DER KRIEG DES CHARLIE WILSON im Grindel (OmU), im Elbe und im Cinemaxx.
SWEENEY TODD läuft in fast allen Multiplexen, im Grindel OF.
DAS WAISENHAUS nur noch spät im Cinemaxx.
PERSEPOLIS nochmal von Freitag bis Dienstag um 23 Uhr im 3001.
Umsonst und zuhause:
Einen Länderpunkt ließe sich holen mit SCHIZO, einem Film aus Kasachstan, der es 2004 in den Wettbewerb von Cannes geschafft hatte. Regellose Faustkämpfe und ein 15-jähriger Protagonist. Am Donnerstag im WDR um 23.15 Uhr.
Am Freitag auf 3Sat noch einmal der Erstling von P.T. Anderson: HARD EIGHT (bekannt auch als SYDNEY und hier im Fernsehen unter dem schönen deutschen Titel LAST EXIT RENO). Eine hübsche Spielergeschichte mit Philip Baker Hall, Gwyneth Paltrow und Samuel L. Jackson. Um 22.55 Uhr.
Am Sonntag zeigt Pro7 um 22.20 Uhr EQULIBRIUM, einen intelligenten SF-Thriller mit Christian Bale von 2003, der es nicht in unsere Kinos geschafft hat.
Am Montag dann im ZDF um 22.15 Uhr: FLUCHTPUNKT NIZZA, ein französischer Thriller mit russischen Killern und mit Sophie Marceau. In deutscher Erstaufführung.
Am Mittwoch zeigt arte um 22.45 Uhr KOMM NÄHER von Vanessa Jopp. Ein kleiner Episodenfilm mit improvisiertem Skript. Drei Geschichten um einsame Menschen in Berlin. Ich weiß, hört sich schlimm an, soll aber ganz nett sein. Vielleicht das richtige für so einen Mittwochabend.
Dies und das:
Wenn Saul Bass den Vorspann zu KRIEG DER STERNE gemacht hätte...
Kinos, Folge 17: Im City am Steindamm, geschlossen 2001.
Die schönste Googleabfrage, die letzte Woche jemanden auf diese Seiten führte: "Blaubeere Krebs"
Im tiefen Tal der Selbstkritik
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Na, das ist doch endlich mal wieder eine Kinowoche zum Entspannen (bzw. zum Aufarbeiten des Schwalls an interessanten Filmen in den Vorwochen).
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