Blutdurst in Stockholm und Bettnässen in Luxemburg

"Ich erwarte das Ende des Kinos mit Optimismus."
Jean-Luc Godard, 1965


Woche 52/2008



Die Neustarts:




Kurz vor Schluss kommt noch ein sehr ungewöhnlicher Thriller in die Kinos, der wohl zu der Handvoll herrausragender Filme des Jahres gehört.
SO FINSTER DIE NACHT ist gleichzeitig ein Coming-of-Age-Drama, ein Liebesfilm und eine endlich mal gelungene Wiederauflage des Vampirgenres mit gar nicht mal so unblutigen Horrorszenen. Die Protagonisten sind erst zwölf Jahre alt, doch im Publikum sitzen keine Kinder: Der Film hat wegen der kurzen, aber drastischen Gore-Elemente nur eine FSK-16-Freigabe erhalten und bei der gibt es keine Ausnahmen wie bei FSK-12, nur weil Mama und Papa dabei sind.
Ein einsamer Junge in einer trostlosen Sechzigerjahresiedlung am Rand von Stockholm trifft ein fremdes Mädchen, das genauso so alt ist wie er, nur "ganz lange schon". Und bald gibt es einigen Anlass für ihn, sich ernsthafte Sorgen zu machen.
Verstörend, poetisch, intelligent, fantastisch gefilmt und gespielt ist das, da sind sich alle einig. Nur die Musik und ihr Einsatz könnte vielleicht zu bieder den Konventionen folgen. Hoffentlich stört das nicht weiter.
Bei imdb steht der Film in der Liste der 250 bestbewertesten Filme (8,2), das Tomatometer zeigt sagenhafte 97% an. Und die hiesigen Kritiker sind auch allesamt aus dem Häuschen.
Das Herkunftsland ist, ja, Schweden, Regie führte Thomas Alfredson, der schon seit fast drei Jahrzehnten für´s Fernsehen arbeitet und in den letzten Jahren drei wenig beachtete Spielfilme realisiert hat. Die Romanvorlage ist auch auf deutsch erschienen, da kommt auch der Filmtitel her (im Original ganz nüchtern: "Låt den rätte komma in" wörtlich "Lass den Richtigen rein), veröffentlicht übrigens bereits 2005, ein Jahr vor dem ersten Band der kommerziell sehr erfolgreichen Vampirmärchenprinzromantikserie der Amerikanerin Stephenie Meyer.
Bei uns in der Kinoprovinz läuft er in seltener Kombination sowohl im anspruchsvollen 3001 in der Schanze als auch im UCI-Kasten an der Autobahn. Kinos andernorts sind hier gelistet.




KLEINE GEHEIMNISSE scheint ein sympatischer und ganz unaufgeregter Film zu sein, der vom Aufwachsen in den Sechzigern erzählt und sich dabei viel Mühe mit der Ausstattung und der Atmossphäre gibt. Das Herkunftsland ist Luxemburg, wo inzwischen jedes Jahr sogar mehrere Filme entstehen. Die Vorlage ist ein Roman des Kabarettisten Jhemp Hoscheit, der auf eigenen Kindheitserinnerungen beruht, die Hauptrolle des Films spielt sein Sohn Ben.
Es geht nicht um viel, die große Herausforderung des Helden bleibt aus, es sind recht alltägliche Probleme, die den zwölfjährigen Norbi plagen: Der autoritäre Lehrer, die verklemmten Aufklärungsversuche der Mutter, Ärger mit Gleichaltrigen, allgemeine Frömmelei in der katholischen Kleinstadt und die sehr lästige Bettnässerei. Dazu kommt die Ahnung einer Kriminalhandlung und es tauchen Spuren der Nazivergangenheit auf, die noch gar nicht weit zurück liegt.
Gerade der Verzicht auf das große Drama ist vielleicht eine wahre Tugend, ich erwarte einen kleinen feinen Film, der ein großes Publikum verdient hätte und es nicht kriegen wird. Wenn ihr an oder zwischen den Feiertagen mit den Gören ins Kino wollt, geht doch rein, es dürfte einer der raren Filme sein, der für alle Altersgruppen gleichermaßen geeignet ist. Für Kinder vielleicht genau deshalb besonders empfehlenswert, weil es eigentlich kein Kinderfilm ist und sein Publikum darum immer ernst nimmt. Und für Zehnjährige ist es ein gänzlich nostalgiefreier Blick in eine fremde und seltsame Welt. MADAGASCAR 2 könnt ihr auch in zwei Monaten noch gucken.
KLEINE GEHEIMNISSE läuft bei uns absurderweise nur an einigen Tagen um 12.30 Uhr im UCI Othmarschen. Es scheint auch nur eine winzige Zahl von Kopien zu geben, hier die Listung der weiteren Spielorte.



Außerdem neu:



AUSTRALIA. Das ist der ganze Titel. Sieht man dann noch Plakat oder Trailer, muss man sich kopfschüttelnd fragen, ob dass nicht schamlose Tourismuswerbung in Spielfilmlänge ist. Die Antwort lautet simpel: Ja, so ist´s. In dem neuen Film des STRICTLY-BALLROOM- und MOULIN-ROUGE-Regisseurs Baz Luhrmann wurden 20 Millionen des 90 Millionen Euro teuren Spektakels von der staatlichen Tourismusorganisation Tourism Australia beigesteuert. Teil des Deals war, dass Luhrmann dann auch noch gleich eine auf den Film abgestimmte weltweit eingesetzte Werbekampagne für das Reiseziel Australien konzipiert. Das sieht dann etwa so aus:

Es ist der teuerste australische Film aller Zeiten und die Hoffnungen, die an ihn geknüpft wurden da unten, scheinen ungeheuer groß gewesen zu sein. Das sollte ein Erfolg werden wie TITANIC, der im Alleingang dann die heimische Filmwirtschaft wieder in Schwung bringt. Sieht danach aus, als ob es da einige Enttäuschungen gab, auch wenn der Film nicht gleich ganz untergegangen ist wie weiland das Schiff.
Nach einer beispiellosen Werbekampagne ist der Film in Australien selber ganz ordentlich gestartet, blieb aber deutlich hinter dem neuen James Bond zurück, der eine Woche zuvor angelaufen war. In den USA kam er nach Umsätzen nur auf den fünften Platz in der ersten Woche. Ob die ungeheuren Summen wieder eingespielt werden, ist also mehr als fraglich. Da kann man getrost Hoffnung haben, dass diese Art der maßlosen Crosspromotion als Basis für Filmfinanzierung keine Schule machen wird.
Die Kritiken sind durchmischt, am ablehnendsten haben wohl die Schreiber im Herkunftsland reagiert, ansonsten wird dem 165 Minuten langen Film immerhin visuelle Wucht und Mut zum muffig-altmodischen Epos à la VOM WINDE VERWEHT attestiert. Das klingt oft so, als wäre bei vielen die kritische Abwehr unter den brachialen Anstürmen der Luhrmannschen Überwältigungsmaschine im Kino zusammengebrochen. Peter Körte meint in der FAS: "Seinem Hang zum Bombastischen und zum Kitsch gibt sich Luhrmann mit einer bewundernswerten Schamlosigkeit hin". Und er lobt den "tollkühnen Mut zur Verschwendung", "den ungebrochenen Willen zur Naivität" und den "Unwillen zum Realismus".
Man stelle sich vor, ein Film solcher Machart hieße "America". Da dürfte die Toleranzschwelle deutlich niedriger liegen. Oder gar
"Deutschland" ...
Ach ja, die Handlung: "Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs reist die britische Aristokratin Lady Sarah Ashley (Nicole Kidman) nach Australien. Dort muss sie sich mit einem raubeinigen Viehtreiber (Hugh Jackman) verbünden, um die Farm ihres Mannes, die sie geerbt hat, zu retten. Sie begeben sich auf eine Reise, die ihr Leben für immer verändern wird. (...) Die Lage spitzt sich zu, als sie die Bombardierung der Stadt Darwin durch die japanischen Streitkräfte erleben müssen, die zuvor Pearl Harbor angegriffen haben." Soweit der Pressetext. Politisch korrekt ist das Ganze übrigens auch noch: Den Ureinwohnern wird nicht nur Respekt bezeugt, die Handlung geht auch auf die bis in die Siebziger Jahre gängige Praxis ein, den Aborigines ihre Kinder zu entreißen, um diese besser in die weiße Gesellschaft integrieren zu können, ein unblutiger Versuch der Ausrottung, von dem der sehr berührende Film LONG WALK HOME erzählt hat.
Wer die ganz großen Schmachtfetzen mag, sollte da ruhig reingehen. Sowas gibt´s nicht mehr alle Tage zu sehen. Ich warte lieber drauf, bis sie sich da unten wieder erholt haben und endlich eine Verfilmung des fantastischen Australien-Romans "Illywacker" von Peter Carey zustande bringen.
AUSTRALIA läuft in sämtlichen Multiplexen und im Streits OF. Und in diesen anderen Städten.




Und: "Mit BUDDENBROOKS hat der vielfach preisgekrönte Regisseur und ausgewiesene Mann-Kenner Heinrich Breloer einen zutiefst bewegenden Film über den Aufstieg und Fall einer deutschen Familie an der Zeitenwende zur Moderne geschaffen. Voller Opulenz und mit universellen Themen von erstaunlicher Aktualität erlebt der Zuschauer mit den Buddenbrooks den Überlebenskampf einer Familie in einer sich verändernden Zeit - und findet sich selbst wieder, im Ringen um gesellschaftliche Anerkennung und Liebe, im Streben nach privatem Glück in einer härter werdenden Geschäftswelt. Ein herausragendes Darsteller-Ensemble um Armin Mueller-Stahl, Jessica Schwarz, August Diehl, Mark Waschke und Iris Berben erweckt einen der bedeutendsten deutschen Romane für die große Leinwand zum Leben." So steht das im Pressetext.
Haben wohl alle mitbekommen, der mit viel Tamtam angekündigte groooße Kinofilm ist in Wirklichkeit wieder nur eine Fernsehproduktion, die schon mal vorab im Kino in einer radikal gekürzten Fassung für Aufmerksamkeit sorgen soll. Keiner findet´s gut, was sicherlich auch wieder niemanden überraschen wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich den Roman je lesen werde, ist noch weiter gesunken, jetzt werde ich das "herausragende Darsteller-Ensemble" immer vor Augen haben, wenn ich an das Buch denke.
BUDDENBROOKS läuft im Passage, Zeise, Abaton, Koralle, UCI Mundsburg und im Cinemaxx. Und in diesen anderen Städten.




Und: Eine handelsübliche Adam-Sandler-Klamotte für die ganze Familie: BEDTIME STORIES hat eigentlich eine ganz hübsche Grundidee, da werden die Gutenachtgeschichten, die für und mit den Kleinen am Bettrand entwickelt werden Wirklichkeit, nur ganz anders, als der erwachsene Geschichtenonkel sich das erst denkt. Da tut sich nicht die ersehnte Chance auf, am eigenen Leben etwas zu verändern, denn real werden nur die Passagen, die sich die Kinder ausgedacht haben.
Das hübsche moderne Märchen wird aber wohl von den üblichen plumpen Sandler-Scherzen plattgemacht, gänzlich wird ihm die Luft abgedrückt, wenn zum unausweichlichen Happy End die pathetischen Elogen auf die Familie zum Vortrag kommen.
Wer sich das selber nicht angucken würde, sollte das auch seinen Kindern nicht zumuten. Die haben Besseres verdient. Alle.
BEDTIME STORIES läuft in sämtlichen Multiplexen. Und in diesen anderen Städten.




Und: Die abgedroschensten Motive von Kinderliteratur und -film werden in der deutschen Produktion STELLA UND DER STERN VOM ORIENT verbraten: Die immer gern genommene Zeitreise, die diesmal unoriginellerweise durch einen Kleiderschrank auf dem Dachboden angetreten wird und wieder einmal eine Schatzsuche. Dabei treffen die Kinder der Gegenwart auf solche der Vergangenheit und bekommen es gemeinsam mit den üblichen trotteligen Gaunern zu tun, um am Ende dann Omas Häuschen zu retten. Klingt schon mal alles sehr doof und soll auch entprechend umgesetzt sein. Vernachlässigt werde "Spannung, Komik und Psychologie", schreibt Sascha Koebner im filmdienst. Dass einer der Bösewichter von Axel Prahl gegeben wird, kann´s wohl auch nicht rausreißen.
STELLA UND DER STERN VOM ORIENT läuft im Zeise und im Cinemaxx. Und in diesen anderen Städten.



Wöchentliche Provinzialitätsmessung:

Anderswo startet diese Woche auch nicht mehr. Es laufen in Hamburg also 100% der Filme an. Zum zweiten und letzten Mal in diesem Jahr.



Weiterhin:




O´HORTON im Abaton, im Zeise und jetzt auch nachmittags im Cinemaxx Harburg und im Cinemaxx Wandsbek.

EL BAÑO DEL PAPA im 3001.

VICKY CHRISTINA BARCELONA im Abaton OmU, außerdem im Elbe, Zeise, Holi, nachmittags im UCI Mundsburg und im Streits OF.

TRANSSIBERIAN jetzt im Cinemaxx Harburg.

LAKEVIEW TERRACE nur an einigen Tagen spät im UCI Wandsbek.

WALTZ WITH BASHIR im Alabama.

BURN AFTER READING bis Montag im Alabama, Cinemaxx Harburg und Cinemaxx Wandsbek.



Außer der Reihe:



Im Metropolis läuft am Samstag und Sonntag der selten gezeigte Stummfilm DIE CARMEN VON ST. PAULI, live begleitet von der altehrwürdigen Bläsercombo Tuten & Blasen. Außerdem geht es weiter mit Paul-Newman-Filmen und der Cinemascope-Reihe.



Dies und das:



Hans-Joachim Flebbe will nochmal das Kino erneuern. Die von ihm gegründete Cinemaxxkette hat ihn, den Vorstandschef, gerade erst vor die Tür gesetzt, da ist er schon wieder da und präsentiert "das erste Premiumkino in Deutschland". Es handelt sich um den Filmpalast, fast das letzte verbliebene Kino am Kurfürstendamm in Berlin, das er von Cinemaxx übernommen, für 800.000 Euro renoviert und mit neuer Technik ausgestattet hat. (Verwirrenderweise ist der neue Name von einem anderen, mittlerweile geschlossenenen Kudammkino geklaut: dem Astor.) Die Hochhauslichtspiele und das Kino am Raschplatz in Hannover sollen folgen, später auch Traditionskinos in weiteren Städten. Bei uns in Hamburg, so tippe ich mal, hätte er sicher am Holi und am Passage Interesse.
Die Idee: Wie damals in den Achtzigern, als er mit guter Technik, schönen Sälen und bequemen Sitzen ein Publikum für das Kino zurückgewann, das schon lange keinen Fuß mehr in die damals marktbeherrschenden, lieblos betriebenen Schachtelkinos gesetzt hatte, will er nun mit Qualität, gehobener Gastronomie und nostalgischem Design eine bürgerliche Klientel anziehen, die sich weder im Multiplex noch im ehemaligen Programmkino wohl fühlt.
Gezeigt wird diese Woche AUSTRALIA, das passt. Man sitzt im verstellbaren Ledersessel, lässt sich Cocktails oder "anspruchsvolles Fingerfood" am Platz servieren und hat ungewohnt viel Beinfreiheit. Der Eintritt kostet in den Abendvorstellungen 12,50 vorn und 15 Euro weiter hinten, die Karten lassen sich bequem online mit genauem Sitzplatzplan erwerben. Einen Anstoß dürfte der Erfolg der Arclight Cinemas in Hollywood gegeben haben, die beispielsweise von David Denby, Filmkritiker des New Yorker, über den grünen Klee gelobt wurden.
Vielleicht geht die Rechnung noch nicht gleich auf. Aber die allgemeine Umstellung auf qualitativ hochwertige digitale Projektionstechnik kommt unweigerlich, da werden die Filmverleiher, die sich die teuren Kopien sparen wollen, schon für sorgen. Für alle Betreiber fern der Multiplexketten wird das eine enorme Investition darstellen, viele werden das Geld nicht aufbringen können. Flebbe kann dann ruhig beim Kinosterben ringsum zugucken und das Arthousepublikum in seine "Premiumkinos" holen, die bestens gerüstet sind für den Kampf: Da steckt die teure Technik dann schon lange drin.
Es ist schön, dass der Filmpalast erhalten bleibt, vielleicht auch weitere Kinos so vor der Schließung bewahrt werden, aber sympatisch ist mir die Entwicklung trotzdem nicht.



Josef Hader, auf meine Frage nach seinem Lieblingsfilm:

"Wenn ich mich auf einen Film festlegen müsste, dann wäre das FRENCH CONNECTION. Aber das wäre unfair."
Aber wir wollen gar nicht fair zu all den anderen guten Filmen sein, die kommen auch noch dran irgendwann. Hader mag das Kino des New Hollywood der siebziger Jahre und mit FRENCH CONNECTION ("Brennpunkt Brooklyn") nennt er einen ungemein einflussreichen Cop-Thriller von William Friedkin, der mit seinen manischen und rassistischen Antihelden, dem naturalistischen Spiel der Hauptdarsteller Gene Hackmann und Roy Scheider, dem bedrohlich und völlig unübersichtlich dargestellten New York und natürlich der vielleicht legendärsten Verfolgungsjagd der Filmgeschichte Maßstäbe setzte.
Für eine solche völlig unmoralische und dreckige Geschichte über die Jagd auf einen Drogenhändler konnte man 1972 sogar Oscarauszeichnungen bekommen, fünf waren es, unter anderem für Gene Hackmann, dessen Karriere dann erst richtig losging.
Das ungeheure Tempo des Films ist auch heute noch beeindruckend, alle anderen Qualitäten überzeugen sowieso zu jeder Zeit und dank der Entstehungszeit gibt es stilvolle Autos und hübsche Details wie einen Auftritt der Three Degrees.
Hier die Verfolgungsjagd in mieser Qualität und gestauchtem Format. Hoffentlich gibt´s eine gute Kopie mal irgendwann auf einer großen Leinwand zu sehen.



Der Österreicher Josef Hader steht seit den frühen Achtzigern ständig auf Bühnen und trägt eigene bitterböse und komische Texte und Szenen vor. Das muss man wohl Kabarett nennen, auch wenn es gar nichts mit dem müden Politgewitzel zu tun hat, das auch unter diesen Begriff fällt. Viel gerühmt wird die Filmfassung seines Stückes INDIEN von 1993, das er mit Alfred Dorfer zusammen geschrieben wie gespielt hat. Nie konnte man mehr angesichts eines nahen Krebstodes lachen. Und im Hals stecken, wie oft geschrieben, bleibt einem dabei garantiert nichts.
Einen großen Beitrag zum Gelingen der Wolf-Haas-Verfilmungen hat er auch geleistet, als Drehbuchautor und Hauptdarsteller. Die jüngste Folge, DER KNOCHENMANN, kommt Ende Februar in die Kinos. Auf der Bühne kann man ihn zur Zeit mit seinem Programm "Hader muss weg" erleben, unter anderem auch im Februar in Hamburg im St. Pauli Theater. Hier sind sämtliche Termine der Auftritte in Deutschland.
Er hat mir nicht nur seinen Lieblingsfilm verraten und sich fotografieren lassen, sondern auch noch eine Menge weiterer Fragen beantwortet: erschienen bei Nichterschienen.


Und ein Film, den wir zum Glück nicht gesehen haben:


William Friedkin ist immer noch im Geschäft, er macht alle Nas lang einen akzeptablen Thriller, aber auch mal solchen wirren Murks. Ein Erotikthriller von 1995 mit David Caruso und Linda Fiorentino, über den Roger Ebert schreibt: "Würde man eine Inventur von JADE durchführen, fände man eine Menge üblicher Thrillerbestandteile. Der Film enthält bizarre Mordwaffen, Erpressung, Ehebruch, abnormen Sex, versteckte Kameras, eine Verfolgungsjagd, Nacktheit, Messer, Schusswaffen und sogar so verlässliche Sätze wie: 'Ich nehme Ihnen den Fall ab!' Das Problem besteht darin, dass sie nicht in die richtige Reihenfolge gebracht wurden."



Umsonst und zuhause:


Am ersten Weihnachtstag:

Im hübschen Weltuntergangs-, nein, äh, Menschheitsuntergangsfilm CHILDREN OF MEN war mancher von der christlichen Symbolik genervt, zum Weihnachtsfest passt der Thriller, der von der Flucht einer Prostituierten mit einem Baby im Bauch, dem weltweit ersten seit fast zwei Jahrzehnten, erzählt, aber ganz wunderbar. Spannend. Mit Clive Owen, Julianne Moore und Michal Caine als altem Ganzganzspäthippie. Regie führte Alfonso Cuaron, der auch Y TU MAMA TAMBIEN gemacht hat. Auf RTL um 22.00 Uhr, ShowView 82.835


Auch am ersten Weihnachtstag:

Einen der weniger bekannten Filme des großen Claude Lelouche, EIN GLÜCKLICHES JAHR, von 1973, zeigt der BR in der Nacht zu Freitag um 00.15 Uhr. Eine Komödie, in der es um Liebe und Verbrechen geht, mit Lino Ventura und der tollen Francoise Fabian. ShowView 1.665.808


Und auch am ersten Weihnachtstag:

Der clevere Neo-Noir-Thriller, den Brian De Palma vor sechs Jahren in Frankreich gedreht hat, FEMME FATAL, mit Antonio Banderas und Rebecca Romjin-Stamos. Auf Sat 1 in der Nacht zu Freitag um 00.50 Uhr. ShowView 11.150.423


Am zweiten Weihnachtstag:

Ein Woody-Allen-Film aus der Zeit, als sich keiner mehr für ihn interessiert hat, eine Mischung aus Mockumentary und Pseudo-Biopic, mit Sean Penn und Uma Thurman, über einen fiktiven Gitarristen in den dreißiger Jahren, der so überzeugend von Penn gegeben wird, das er wie "ein echtes Kapitel der Jazzgeschichte" wirke, das man "irgendwie übersehen" hatte, so Roger Ebert. Soll eine weitere Meisterleisung Penns sein. SWEET AND LOWDOWN läuft auf 3Sat um 00.10 Uhr, in der Nacht von Freitag auf Samstag. ShowView 2.581.076


Am Samstag:

DER KLEINE CAESAR, die Blaupause für all die Gangsterfilme, die vom Aufstieg und Fall böser, großer Männer erzählen, mit Edward G. Robinson, nach dem Roman von W.R. Burnett, von 1931. In der Nacht von Samstag auf Sonntag um 02.15 im BR, ShowView 5.287.374


Am Sonntag:

Schönes Drama um die Freundschaft zweier weiblicher Outcasts, von Erick Zonca, der zuletzt den Parforceritt mit Tilda Swinton realisiert hat. LIEBE DAS LEBEN soll sehr bescheiden daherkommen, aber einen ausgesprochen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Hat eine Menge Preise eingesammelt. Auf 3Sat um 23.20 Uhr, ShowView 73.324.428


Auch am Sonntag:

Noch einer der legendären frühen Gangsterklassiker: DER ÖFFENTLICHE FEIND. Die erste Hauptrolle und damit der Durchbruch für James Cagney. Wieder im BR in der Nacht zu Montag um 01.20 Uhr, ShowView 5.394.368
Weitere Cagneyfilme folgen in der Nacht von Montag auf Dienstag: MASCHINENPISTOLEN (00.02 Uhr, ShowView 3.042.108) und DIE WILDEN ZWANZIGER (02.15 Uhr, ShowView 1.458.450), beide auch mit Humphrey Bogart.


Und außerdem am Sonntag:

Eine leider völlig unterschätzte schräge Komödie mit Wes-Anderson-Touch, sehr eigenwillig und sehr intelligent, I HEART HUCKABEES, mit Jason Schwartzman, Lily Tomlin, Dustin Hoffmann und einer ganz besonders wunderbaren Isabelle Huppert, von 2004, von David O. Russel. Die Handlung ist viel zu komplex und gaga um sie in einem Satz wiederzugeben, aber hier eine Kostprobe aus dem Drehbuch, der Eingangsmonolog: "Motherfucking cocksucker motherfucking shit fucker what am I doing? What am I doing? I don't know what I'm doing. I'm doing the best that I can. I know that's all I can ask of myself. Is that good enough? Is my work doing any good? Is anybody paying attention? Is it hopeless to try and change things? The African guy is a sign, right? Because if he isn't, then nothing in this world makes any sense to me. I'm fucked! Maybe I should quit. Don't quit! Maybe I should just fucking quit. Don't fucking quit! I don't know what the fuck I'm supposed to fucking do anymore! Fucker! Fuck shit!"
Und die Musik von Jon Brion ist toll. Auf Vox um 04.25 Uhr in der Nacht zu Montag, eine Zeit, zu der nur noch Festplatten- oder sonstige Recorder der Handlung folgen können, ShowView 3.779.639



Am Montag:

Noch eine skurrile Komödie, wenn auch nicht ganz vom gleichen Kaliber wie HUCKABEES. Ist aber noch rarer, wurde bei uns nur auf DVD veröffentlicht, was natürlich keiner mitbekommen hat und läuft um 16.35 Uhr auf 3Sat das erste Mal im Fernsehen. Es geht um ein Restaurant, das wiederum nicht so gut geht und um eine angeblich ausgestorbene Entenart. RARE BIRDS, mit William Hurt. ShowView 36.804.766


Am Dienstag:

Schon am Vormittag ein seltenes Kleinod und die Gelegenheit, eine Wissenslücke zu füllen: DIE GENERALLINIE von Sergej M. Eisenstein von 1926, über die Modernisierung der sowjetischen Landwirtschaft, trotz oder gerade wegen des Themas weit weniger propagandistisch als andere seiner Filme. Auf 3Sat um 10.45 Uhr.


Auch am Dienstag:

Der beste Thriller der letzten Jahre, von Spike Lee, hier mal in Hochform, ein Capermovie mit Clive Owen, Denzel Washington und Jodie Foster. Ich hätte nicht geacht, dass die Geschichte eines Bankraubs mich nochmal so fesseln könnte. INSIDE MAN, im ZDF um 20.15 Uhr, ShowView 2.063.769


Auch am Dienstag:

Noch zwei Noir-Leckerbissen im BR: ENTSCHEIDUNG IN DER SIERRA mit Humphrey Bogart in der Nacht zu Mittwoch um 00.00 Uhr, gleich danach STADT AN DER GRENZE mit Bette Davis und Paul Muni, um 01.35 Uhr, ShowView 1.612.899 / 5.022.561


Silvester:

Der vielleicht beste Louis-de-Funès-Film, DIE GROSSE SAUSE, mit Bourvil, eine Komödie, die im besetzten Paris spielt und seit Ewigkeiten nicht mehr im Fernsehen zu sehen war. Zum Leidwesen der Fans im Gegensatz zu vielen verzichtbaren Klamotten in deutscher Fassung nicht auf DVD veröffentlicht bislang. Auf Kabel 1 am Vormittag um 11.30 Uhr, ShowView 8.237.870



Wie immer gibt es außerdem noch viele weitere sehenswerte und wohlbekannte Filme im Programm, beispielsweise DIE VÖGEL auf Vox, DIE MEUTEREI AUF DER BOUNTY, ERIN BROCKOVICH und DIE AUSGEBUFFTEN im Ersten, SHREK auf Pro 7, PAPILLON auf Kabel 1, Tim Burtons BATMAN und Christopher Nolans BATMAN BEGINS im ZDF, GOLDENES GIFT ("Out Of The Past") und MATA HARI auf 3Sat und DER GIGANT AUS DEM ALL auf RTL. Wer suchet, der findet.



Kinos, Folge 55: Das Rio in Berlin-Weißensee


In unmittelbarer Nachbarschaft der letzte Woche vorgestellen Brotfabrik befand sich 85 Jahre lang ein Kino, das bei seiner Eröffnung 1910
auch schon Backhaus-Kino hieß. Ein schlichter Bau, der sich ungewöhnlicherweise mit seiner Längsseite an der Straße langzieht. Nach diversen Namens- und Besitzerwecheln wurde es seit 1938 unter dem Namen Rio betrieben. Zu DDR-Zeiten fungierte es seit den Sechzigern unter gleichem Namen als "Kinder- und Jugendkino" und hat als solches auch erst einmal die Wende überlebt. Dank langer Tradition wurden vor allem die Vormittagsvorstellungen weiter viel von Schulen und Kitas besucht. Nach der Insolvenz einer Immobilienfirma, der das Gebäude Anfang der Neunziger gehörte, wurde das Kino zwangsversteigert. Der Senat rührte keinen Finger zum Erhalt, dafür gebe es "keinen kulturpolitischen Ansatz", hieß es. "Kinos sind Wirtschaftsbetriebe." Heute ist es ein Getränkelager.



Eine Googleabfrage, die letzte Woche jemanden auf diese Seiten führte: "Brüder bumsen miteinander".


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