Zone, Zug und Rambazamba

"Mit dem großen Bildschirm und dem hochauflösenden Magnetband haben wir das Kino zuhause und brauchen vermutlich keine Kinosäle mehr. Alle heutigen Strukturen werden verschwinden, das braucht Zeit. Aber wahrscheinlich werden sich all diese Veränderungen vollziehen, und wir werden nichts dagegen tun können. Uns bleibt nur uns anzupassen." Michelangelo Antonioni, 1982.


Woche 50/2008


Die Neustarts:




Ein Thriller aus Mexico, in dem der Klassenkampf mal wieder mit offener Gewalt ausgetragen wird. Drei Jugendliche brechen in eine bewachte Wohnanlage ein, begehen ein Verbrechen und werden von den aufgebrachten Bürgern gejagt. Hat wohl nichts mit dem Favela-Chic in Folge von CITY OF GOD zu tun, sondern mehr mit intelligenter Science Fiction. Man muss höchstens befürchten, dass das Ganze etwas arg schematisch oder didaktisch wird, aber selbst über solche Schwächen trösten die packende Inszenierung und die guten Darsteller hoffentlich hinweg. Der weltweite Erfolg auf Festivals dürfte das obligatorische doofe US-Remake nach sich ziehen. Warten wir´s ab. LA ZONA ist das Debüt von Rodrigo Plá und läuft im 3001 erfreulicherweise OmU.




Der amtierende Allround-Exotendarsteller Hollywoods in Nachfolge von Anthony Quinn, Ben Kingsley, gibt wieder einmal einen fiesen Russen. (Inder, Pole, Perser, Jude, Chilene und Italiener war er auch schon.) Er macht in der Transsibirischen Eisenbahn Jagd auf amerikanische Touristen, die in den Verdacht geraten sind, Drogen zu schmuggeln, in einem bestimmt nett anzuschauendem Thriller, wie es sie heutzutage nur noch selten gibt, mit spannendem Plot statt Special-Effects-Orgien. Regie führte Brad Anderson (nicht zu verwechseln mit P.T., Wes oder Paul), der mit dem düsteren THE MACHINIST vor vier Jahren einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Wer sich nicht an unvermeidlich doofen Russenklischees und manchmal mangelnder Plausibilität stört, wird sich mit Sicherheit gut unterhalten. TRANSSIBERIAN läuft im UCI Mundsburg und im UCI Othmarschen.




Viel ist über den neuen Bollywoodkracher mit Shah Rukh Khan nicht rauszubekommen, der Film hatte seine Premiere auch in Indien gerade erst vor einem Monat und Pressevorführungen gab es keine. Es ist eine Art Bollywood-Romcom um wahre Liebe und Tanzwettbewerbe. Erstaunlicherweise ist RAB NE BANA DI JODI jetzt schon auch bei uns aufgetaucht, wird sogar OmU gezeigt, in Hamburg auf der Riesenleinwand des Metropolis am Steindamm. Für Freunde von überlangem indischen Breitwandrambazamba ein Pflichttermin.




Außerdem neu:



Bruce LaBruce ist ein notorischer Provokationsfilmer, der bislang im wesentlichen Filme gemacht hat, die im Pornomilieu angesiedelt sind oder explizite schwule Sexszenen mit sonstwas mischen, zum Beispiel den Aktivitäten von Baader-Meinhof-Epigonen. Diesmal hat er einen Ausflug in das Horrorgenre gemacht. OTTO; OR, UP WITH DEAD PEOPLE handelt von einem Zombie in Berlin, vom Dreh eines Films mit dem Titel "Up With Dead People", geboten werden "Stummfilm-Reminiszenzen, die wortwörtlich vom Farbfilm geküsst werden, Zwischenschnitte auf Dokumentationen der Zerstörung mittels Atomraketen und Schlachtermesser, die alternierenden Bilder des Film-im-Film-Sujets (und) pornografische Nekrophilie verbunden mit dem horresken Gore herausgerissener Gedärme", so zählt Kathrin Häger im filmdienst auf. Ist bestimmt nicht jedermanns Sache, vielleicht auch nicht meine, klingt aber doch so frech und abwechslungsreich, dass man nicht fürchten muss, ermüdet von öden Provokationen während der Vorführung einzuschlummern. In weniger provinziellen Gegenden lief OTTO; OR, UP WITH DEAD PEOPLE schon im September, jetzt aber auch bei uns in der Kinoprovinz, natürlich im 3001, dem Hamburger Hort für ungewöhnlicheres Filmgut.




Mir gefiel die Vorlage ja nur bedingt, die Idee, jemanden Figuren aus Büchern herauslesen zu lassen, mit bedrohlichen Folgen, ist natürlich bestechend, aber beim Lesen fand ich weder die Charaktere, noch die Gut-gegen-Böse-Handlung oder den Stil sonderlich fesselnd. Die 560 Seiten des ersten Bandes habe ich mit Müh und Not geschafft und das hat mir dann auch gereicht. So schlimm kann das mit der mangelnden Lesekompetenz nicht sein, wenn Massen von Kindern alle drei langweiligen Bände bewältigen. Cornelia Funke sei ihr erstaunlicher Erfolg gegönnt und auch die sprudelnden Einnahmen aus der mit der Verfilmung einhergehenden internationalen Vermarktung. Aber angucken muss ich mir die nicht. Für den Film spricht natürlich die notwendige Verknappung der Geschichte, aber mir reichen schon ein paar Stills um zu befürchten, dass das ein ganz und gar konventionell exekutierter Standard-Hollywood-Fantasy-Murks ist. Und dass das Ende mit Gewalt verändert wurde, nachdem sich in Probevorstellungen das Publikum irritiert zeigte und jetzt die ganze Bande böser Buben samt superbösem Schatten schon im ersten Teil restlos vernichtet wird, wie Elmar Krekeler in der Welt berichtet, bewirkt bei mir auch alles andere als Vorfreude. ("Fortsetzung? Braucht es nicht. Wirklich nicht.") Wahrscheinlich ist nur die Zeit des Konsumierens kürzer, aber von Kurzweiligkeit kann wohl keine Rede sein. Helen Mirren als Tante Elinor ist der einzige Lichtblick, den ich entdecken kann. Wer Kinder hat, die reingehen wollen, muss mit: Unter zwölf kommen die nämlich nur in Begleitung "personensorgeberechtigter Erwachsener" in die Vorstellung. TINTENHERZ läuft in sämtlichen Multiplexen, außerdem im Zeise und im Blankeneser.




Und: Wieder mal ein überflüssiges Remake, das wohl in jeder Hinsicht hinter dem Original zurückbleibt, in diesem Fall hinter dem legendären Science-Fiction-Klassiker THE DAY THE EARTH STOOD STILL von Robert Wise. David Kleingers kriegt sich im Spiegel kaum wieder ein: "Scott Derricksons Neuinterpretation ist kein saftiges, geschweige denn provokantes Spektakel, sondern eher das filmische Äquivalent zum drögen Spekulatius: Staubtrocken, frei von Geschmack, lieblos garniert mit vorgestanzten Spezialeffekten und serviert von den ratlosen Stars Keanu Reeves und Jennifer Connelly." Und weiter: "Entsprechend weicht der mahnende Appell des Originals, das ja nichts Geringeres als den Weltfrieden forderte, einem diffusen Zen-Geschwurbel sowie der freundlichen Absichtserklärung, in Zukunft einfach ein bisschen netter zu Tieren, Pflanzen und Mitmenschen zu sein. Jedes amtsdeutsche Plädoyer für Energiesparlampen hat mehr Drive und Flair vorzuweisen als dieser wahrhaft stillstehende Katastrophenfilm, der im intergalaktischen Heile, Heile, Segen verpufft." Der Film gefällt auch sonst niemandem, das Tomatometer zeigt gerade mal 23%(!) an. DER TAG AN DEM DIE ERDE STILLSTAND läuft in sämtlichen Multiplexen und im Streits OF.




Und: Noch ein Remake, das ohnehin zum Scheitern verurteilt war, da man sich an George Cukors THE WOMEN vergriffen hat. Die Latte hängt also ziemlich hoch, die Neuauflage mit Meg Ryan, Annette Bening and Eva Mendes brettert aber unbeeindruckt blind gegen den Sprungständer. Anthony Quinn (ja, so heißt der) schreibt im Independent: "Kein Mann mit auch nur einem halben Hirn könnte irgendeine dieser Frauen mögen und auch keine Frau, schätze ich. Es ist dermaßen flach und unlustig, dass im Vergleich dazu SEX AND THE CITY wie Billy Wilder klingt. Der Clou ist, dass, wie im Original, kein einziger Mann auf der Leinwand erscheint, auch nicht im Hintergrund. Aber welcher Mann bei Verstand würde auch in dieser witzfreien Zone aus Maniküren, Wohltätigkeitsbällen und Gesichtsoperationen erscheinen wollen?" THE WOMEN läuft in sämtlichen Multiplexen und im Blankeneser.




Und: Ein deutsches Debüt über irgendwelche schicksalhafen Begegnungen nach L.A.-CRASH-Muster. Spielt wenigstens mal nicht in Berlin, sondern in München, heißt IN JEDER SEKUNDE und läuft nur im UCI Othmarschen, in das sich das Publikum für so einen Film wohl eher nicht verirren wird.




Und: 88 - PILGERN AUF JAPANISCH. Thomas, der Abspannsitzenbleiber, schrieb: "Der deutsche Gerald Koll ist einen japanischen Pilgerweg gegangen und hatte eine Kamera dabei. Das wird die Esoterik-Freunde freuen: Das Sinnsucher-Trendthema Pilgern trifft das Sinnsucher-Trendthema Buddhismus." Lief anderswo schon vor Wochen, jetzt auch in Hamburg, natürlich im Abaton, das sich mehr und mehr zum Hauskino der "Esoterik-Freunde" entwickelt.



Wöchentliche Provinzialitätsmessung:

Anderswo startet diese Woche außerdem nur die Coming-of-out-Geschichte DREAM BOY, die also vom groß und schwul werden erzählt. Es laufen bei uns damit 88% der Filme an. In Berlin sind sie, wie immer, alle zu sehen.

Ich habe mal ein paar Zahlen addiert, die Hamburgs bedauernswerte Provinzialität weiter veranschaulichen: Wir haben bei uns 20 Kinos mit insgesamt 70 Leinwänden. In Berlin gibt es 70 Kinos mit 257 Leinwänden. Ein Kino kommt bei uns auf 87.700 Einwohner, in Berlin sind es nur 48.600. Auf eine Leinwand kommen in Hamburg 25.000 Einwohner, in Berlin nur 13.000. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 17.000.
Ein kleiner Trost: Selbst Berlin ist nach dieser Rechnung Kinoprovinz. Denn in Freiburg kommen auf eine Leinwand 8.000 Einwohner. Hhm. Das Wetter soll da auch besser sein.




Weiterhin:




IT´S A FREE WORLD nur noch nachmittags im 3001.

VICKY CHRISTINA BARCELONA im Abaton OmU, außerdem im Alabama, Zeise, Holi, Koralle, UCI Mundsburg und im Streits OF.

WALTZ WITH BASHIR noch an einigen Tagen spät im Zeise und noch einige Male nachmittags im Abaton. Das dürften die letzten Gelegenheiten sein.

BURN AFTER READING bis Montag im sympatischen Fama in Lurup, wo man schneller hinkommt, als mancher denkt.

LET´S MAKE MONEY einige Male nachmittags im Abaton und in einer Sonntagsmatinee des Zeise.

WALL-E wurde jetzt von MADAGASCAR 2 aus den Kinos geschubst, läuft nur noch am Wochenende mittags in den Cinemaxx-Multiplexen.



Außer der Reihe:



Im Metropolis findet am Freitag und Samstag ein kleines Hip-Hop-Filmfestival unter dem Titel "Watch The Beat" statt, gezeigt wird unter anderem STYLE WARS und die Doku BEGINNER - DIE DERBSTE BAND DER WELT. Am Samstag gibt´s im Anschluss eine Party mit Selecta Offbeat ShepHeart, réalisaRiz und Kpt Hedgeman.
Außerdem im Metropolis weitere Filme mit Paul Newman und ein rarer Leckerbissen, die legendäre Modeweltsatire William Kleins von 1966, WER SIND SIE, POLLY MAGOO?.


Dies und das:


Volker Schlöndorff hat sich neulich im Interview mit der Märkischen Allgemeinen verplappert, als er nach dem Studio Babelsberg gefragt wurde, das er von 1992 bis 1997 leitete: "Babelsberg! Ich werde oft als Abwickler beschimpft. Dabei habe ich die Grundlagen für heutige Erfolge legen müssen. Den Namen ,Defa’ habe ich abgeschafft, die Defa-Filme waren furchtbar. Die liefen damals in Paris, wo ich studierte, nur im Kino der kommunistischen Partei. Wir sind da reingegangen und haben gelacht. Der Name musste weg. Bei der Defa hatte alles vor sich hingesuppt."
Die Defa-Stiftung hat überraschend schnell mit einem offenen Brief von 120 namhaften Unterzeichnern reagiert, so dass Schlöndorff jetzt versucht den Schaden zu begrenzen, wie überall berichtet wird. Um einen Vergleich des Filmschaffens im Osten mit der Produktion in der Bundesrepublik ging es natürlich nicht, aber wenn ein Repräsentant des westdeutschen Films wie Schlöndorff solche Äußerungen macht, kann man doch mal gegeneinander aufrechnen. Auch wenn man von den Meisterwerken Konrad Wolfs oder Frank Beyers absieht, muss man dem DEFAfilm, ganz im Gegensatz zur westlichen Produktion, durchgehend eine akzeptable Qualität attestieren. Beispiel Märchenfilme: Kommen sie aus dem Osten, sind sie in der Regel clever modernisiert und einfallsreich inszeniert, während die BRD-Märchen meist auf reine Kinderverarsche rauslaufen.
Ich würde sagen das durchschnittliche Niveau der DDR-Produktionen liegt weit über dem des westlichen Outputs, wo ja überhaupt nur in den Aufbruchsjahren, den Sechzigern und Siebzigern, einige Lichtblicke zu entdecken sind, in der Zeit, in der auch Schlöndorff noch gute Filme gemacht hat, gleichzeitig aber Berge von Schulmädchen-, Bademeister- und Hausfrauenreports produziert wurden. In den Achtzigern war dann schon alles wieder vorbei.
Rechnete man einfach alle irgendwie akzeptablen Filme zusammen, würde auch die DDR im Wettbewerb um das überlegene Filmschaffen gewinnen und das, obwohl die Zahl der insgesamt produzierten Filme winzig war im Vergleich zum Westausstoß. Wäre schön, wenn ich diese Behauptungen auch irgendwie belegen könnte. Kann ich ja nächstes Jahr ein Buch drüber schreiben, falls ich nichts Besseres zu tun habe.


Inga Busch, auf meine Frage nach ihrem Lieblingsfilm:

"EINE FRAU IST EINE FRAU. Von Godard. Mit der großartigen Anna Karina."

Godards dritter Film, von 1961. So verspielt war er nie wieder. Eigentlich gibt es keine nennenswerte Handlung, nur Anna Karina, Jean-Paul Belmondo und Jean-Claude Brialy, die so tun, als spielten sie in einer Art Musical mit, ein verrückter Einfall folgt dem anderen und das Ganze ist trotz Farbe und Cinemascope so federleicht, dass man es kaum glauben kann. Unvergesslich ist der Streit von Karina und Brialy, der wortlos, mittels Zeigen von Buchtiteln ausgetragen wird:

Und natürlich die Szene mit Aznavour in der Jukebox:

Hoffentlich gräbt das Metropolis eine Kopie für seine Cinemascopereihe aus. Mein persönlicher Programmwunsch für das nächste Jahr. Aber in jedem Fall ist erfreulicherweise jetzt auch auf dem deutschen Markt eine DVD erhältlich.


Inga Busch ist Schauspielerin, ihr Debüt war Detlev Bucks KARNIGGELS, seitdem hat sie in einer Menge Film- und Fernsehproduktionen mitgewirkt, in Polizeiruf-110-Folgen genauso wie in Filmen von Michael Haneke, Oskar Roehler oder Dani Levy. In den letzten Jahren hat sie auch einige Ausflüge ans Theater gemacht, vor allem mit René Pollesch. Kleinere Zuschauer kennen sie aus BLÖDE MÜTZE oder der ersten Bibi-Blocksberg-Realverfilmung, die viel besser ist als die dämlichen Originalhörspiele. Ihre letzten großen Filmrollen hatte sie in MÄRZMELODIE und in PALERMO SHOOTING. Ihretwegen wünsche ich fast, der Film wäre bei Kritik und Publikum doch ein wenig besser weggekommen. Vielleicht hat sie mehr Glück mit Monika Treuts neuem Film, in dem sie die Hauptrolle übernommen hat. Die Gelegenheit sie nach ihrem Lieblingsfilm zu fragen, hatte ich letzte Woche bei der Entstehung des obigen Fotos. Der Hund heißt Freitag und war so geduldig, wie sein Frauchen sympatisch.


Und ein Film, den wir zum Glück nicht gesehen haben:

Anna Karina ist leider später nur noch selten in bemerkenwerten Filmen aufgetaucht. Zu den Tiefpunkten gehört dieses dröge Kostüm-Kammerspiel aus den Achtzigern, das offenbar auch die anderen namhaften, aber abgetakelten Darsteller nicht rausreißen konnten. Will ich gar nicht mehr drüber wissen.



Umsonst und zuhause:


Am Donnerstag

Hanna Schygullas Durchbruch zum internationalen Star, Fassbinders Nachkriegsdrama, das auch kommerziell ein erstaunlicher Erfolg war, es gehört zu der Handvoll von Filmen, die auch in den USA erfolgreich liefen. DIE EHE DER MARIA BRAUN, mit einem explosiven Ende. Um 22.25 Uhr auf 3Sat. ShowView 29.581.879


Auch am Donnerstag:

Ulrike Ottingers Filmfeature PRATER, in dem unter anderem Elfriede Jelinek und Veruschka von Lehndorff zu Wort kommen. Wahrscheinlich kenntnisreich, klug und kurzweilig. Im WDR um 23.15 Uhr. ShowView 7.944.898


Am Freitag:

DIE RACHE DES WÜRGERS ("Bride Of The Monster") interessant für alle, die sich immer schon mal einen Film von Ed Wood richtig anschauen wollten. Von all seinen berühmten wie berüchtigten schlechten Filmen, ist dies wahrscheinlich der unterhaltsamste. Auf arte in der Nacht von Freitag auf Samstag um 00.05 Uhr, ShowView 1.779.955


Am Samstag:

Ganz früh morgens um 7.30 Uhr läuft im MDR noch einmal einer der besten Kinderfilme der letzten Jahre, DIE FARBE DER MILCH von Torun Lian nach ihrem eigenen Buch, sehr sehr lustig, mit fantastischen Kindern in den Hauptrollen. "Lasst mich in Ruhe, ich bin in der Pubertät!" ShowView 7.017.503



Auch am Samstag:

NORDWESTWIND, ein sehr seltsamer, schräger und selten gezeigter Piraten(!)film von Jaques Rivette von 1976 in dem eine fantastische Geraldine Chaplin den Säbel schwingt. Im WDR in der Nacht von Samstag auf Sonntag um 01.10 Uhr, ShowView 49.226.559


Auch am Samstag:

Der dritte Vietnamfilm von Oliver Stone, ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE. Erzählt seine Geschichte aus der Perspektive einer jungen Vietnamesin, die schließlich mit Tommy Lee Jones in die USA geht. Wahrscheinlich viel besser als sein Ruf. Auch in der Nacht von Samstag auf Sonntag um 01.20 Uhr im Ersten, ShowView 61.171.578


Am Sonntag

ORLANDO, der Film von 1992, in dem die tolle Tilda Swinton durch mehrere Jahrhunderte streift und dabei Geschlecht wie Identität wechselt. Nach der Vorlage von Virginia Woolf. Auf 3Sat um 21.00 Uhr, ShowView 1.978.608


Am Montag

THE NEW WORLD, die Pocahontas-Geschichte in der vielgelobten Version von Terence Malick zeigt Tele5 um 20.15 Uhr. Malick ist der Wahl-Austiner, der auch mal 20 Jahre Pause gemacht hat, bevor er nach IN DER GLUT DES SÜDENS wieder einen Film gedreht hat. Aber wenn er denn die Chance zum drehen bekommt, macht er keine Kompromisse. Eine historische Romanze eines Autorenfilmers, realisiert mit einem Starensemble. ShowView 89.168.757


Auch am Montag:

Der Film mit den 17 Kameras, die ein Spiel lang nur auf einen Spieler gerichtet sind, von dem jeder gehört, den aber kaum einer gesehen hat: ZIDANE - EIN PORTRAIT IM 21. JAHRHUNDERT. Ein Fußballfilm, den sogar ich mir anschaue. Auf arte um 23.40 Uhr, ShowView 1.373.825


Am Dienstag:

Noch mal Fassbinder: DIE BITTEREN TRÄNEN DER PETRA VON KANT, der Film, nach dem die Schygulla erstmal eine Fassbinderpause einlegte, bis es dann mit MARIA BRAUN richtig los ging. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, um 01.45 Uhr, auf N3.



Am Mittwoch:

UNTERWEGS NACH COLD MOUNTAIN, Anthony Minghellas Bürgerkriegskostümdrama, unter anderem mit Philip Seymour Hoffman und Donald Sutherland. Auf Pro 7 um 20.15 Uhr, ShowView 41.225.678


Auch am Mittwoch:

Ein Thriller, in dem es um dunkle Familiengeheimnisse, um Schuld und um Sühne geht, ALS DAS MEER VERSCHWAND, aus Neuseeland. Hat im Original einen weniger pseudopoetischen Titel, da heißt er ganz trocken "In My Father´s Den". Die Durchschnittsbewertung bei imdb: 7,9.
Im BR um 23.45 Uhr, ShowView 3.929.730


Auch am Mittwoch:

Ein weniger bekannter Film des koranischen Meisters Kim Ki-Duk: HWAL - DER BOGEN. Wurde leider extra für die Fernsehaustrahlung im Ersten synchronisiert. Dürfte aber wie immer visuell ein Spektakel sein. Ein alter Fischer, ein Mädchen und später ein junger Mann, das reicht. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, um 23.45 Uhr, ShowView 7.289.321



Was für eine Woche. Und wie immer gibt es außerdem noch viele weitere sehenswerte und wohlbekannte Filme im Programm, beispielsweise LOST IN TRANSLATION auf arte, OH BROTHER, WHERE ART THOU? und AMERICAN PSYCHO auf RTL2, TOD IN VENEDIG im WDR und DER EXORZIST und DER STOFF AUS DEM DIE HELDEN SIND auf Tele5. Wer suchet, der findet.



Kinos, Folge 53: Das Sputnik in Berlin-Wedding


Das war mein Lieblingskino.
Ohne wenn und aber. Versteckt im Hinterhof, völlig ab vom Schuss in der Reinickendorfer Straße 113, gab es in diesem wunderschönen Saal in den Achtzigern das beste Programm im Land. Am Leben geblieben war es bis dahin einige Jahre mehr schlecht als recht mit einem rein türkischsprachigen Programm, vorher hatte Conny "Kant" Konzack sein Glück im Wedding versucht. Nach der liebevollen Restaurisierung saß man zwischen gesteppten blauen Azellawänden im schönsten 50er-Jahre-Stil in einem Saal, dessen Fußboden ganz entgegen heutiger Gewohnheit stark zur Leinwand hin anstieg. Die Vielfalt des Filmprogramms war schier unglaublich: Von Godardretrospektiven bis zu Schwarzeneggerreihen, von Douglas-Sirk-Melodramen bis zu Splatterexzessen war hier alles möglich, ein "Festival" folgte auf das nächste und die etablierten Filmkunstkinos sahen daneben sehr sehr alt aus. Um Filme zeigen zu können, von denen es einfach keine Kopien gab, gründete das Betreiberkollektiv auch noch einen gleichnamigen Verleih, ohne den zum Beispiel das grandiose ROTE KORNFELD mit Gong Li hierzulande nirgendwo zu sehen gewesen wäre. Nach der Wende ging´s dann allmählich bergab, absurderweise hatte die Öffnung den Effekt, dass der Wedding noch weiter in eine Randlage geriet. Vorher konnte man wenigstens ruckzuck unter Mitte durch ohne Halt von Kreuzberg mit der U-Bahn hochsausen. Und so wurden die Zuschauer wie die Betreiber weniger und das Programm immer weniger aufregend. Das Foto oben entstand am Abend der letzten Vorstellung, da wurde im August 1998 ONE FROM THE HEART von Coppola gezeigt. Ein trauriges Ende, nicht einmal eine Handvoll Zuschauer hatte sich zum Abschied eingefunden. Und noch trauriger ging es weiter: Heute befindet sich am gleichen Ort ein Parkplatz, der Bau wurde vor zwei Jahren abgerissen, still und leise, obwohl er schon seit Anfang der Neunziger unter Denkmalschutz stand. Keine Ahnung, wie sowas möglich ist. Im Durchgang zum Hof hängen noch immer die alten Schaukästen mit einigen vergilbten Reminiszenzen an eine wahrlich glorreiche Kinovergangenheit.


Eine Googleabfrage, die letzte Woche jemanden aus Frankfurt am Main auf diese Seiten führte: "ekelhafte kanaken".


3 Kommentare:

  1. Bei „Zidane“ bitte auch auf die Musik achten. Kommt von der so langsamen wie epischen schottischen Instrumentalband Mogwai.

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  2. Was hier über Inga Buschs Hund steht, gilt auch für diesen.

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  3. Und ihr Lieblingsfilm? Und wie heißt der Hund?

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